South West Coast Path mit Hund und wer hatte eigentlich die Idee mit dem Zelt?

Die Dame hinter dem Tresen des stilvoll, maritim eingerichteten Hotels schaut in das Reservierungsbuch. Wir sind in Crackington Haven an der Nordküste von Cornwall. Hier irgendwo in der Nähe wollten wir nach unserer ersten Etappe am South West Coast Path unser Zelt aufschlagen. Hinter der Terrasse des kleinen Hotels mit Restaurant glitzert das Wasser von der bereits tief stehenden Sonne. Jetzt einfach ein Zimmer zu beziehen ist eine so verlockende Vorstellung. In die nahende Dämmerung weiterzuwandern, um einen geeigneten Zeltplatz zu finden, erschien mir beim Anblick der bevorstehenden Steigung zum High Cliff, Cornwalls höchster Klippe, in diesem Moment schier unmöglich.

Die Bucht von Crackington Haven am South West Coast Path mit Blick auf das High Cliff

South West Coast Path mit Hund und Zelt: Schweres Gepäck über unendlich viele Stufen

„Yes, we have two rooms left“, sagt sie vom Reservierungsbuch aufblickend. Ich sehe mich bereits meine müden Füße in einer heißen Badewanne ausstrecken. 16 Kilometer bei knapp 600 Höhenmetern liegen hinter uns.  Das hört sich nach einer moderaten Tageswanderung an. Aber der South West Coast Path hat es in sich. Stufe um Stufe schraubt man sich die Klippen hoch und runter. Die Stufen so mächtig, dass ich mit meinem gut 10 kg schweren Rucksack teilweise hinaufkrabbeln musste. Bobby ist zum Glück sehr sportlich und er liebt es, auf Felsen zu springen und Hindernisse zu überwinden. Der Abschnitt des South West Coast Paths entlang der Nordküste von Cornwall, den wir uns für unsere dreitägige Wanderung vorgenommen haben, zählt zu den spektakulärsten, einsamsten aber auch anspruchsvollsten des insgesamt 1000 Kilometer langen Küstenwanderwegs in Englands Süden. Manch anderer Hund steht bestimmt vor unlösbare Aufgaben.

Da hinten geht es hoch mit großem Gepäck.
Oben wird man belohnt mit tollen Ausblicken.
Aber nicht nur Bobby braucht ab und zu mal eine Pause.

Auch ich habe zu kämpfen. Die grandiosen Ausblicke und die schwindelerregenden Felsabbrüche halten Endorphin und Adrenalin hoch. Ich bin schlichtweg begeistert von diesem Küstenwanderweg im Süden von England. Und das vom ersten Moment an, seit wir heute vom Hotel Elements in Bude,  einem kleinen Ort hoch oben auf den Klippen im Norden von Cornwall, gestartet sind. Allerdings bin ich völlig naiv ohne Training in unsere geplante 3-Tageswanderung mit Zelt am South West Cost Path hineingegangen.  Meine Oberschenkel brennen. Das rechte Knie fängt an zu schmerzen.

Bude: Hier ging es heute morgen los.
Der erste Blick auf Cornwall aus dem Fester des kleinen, lässigen und dogfriendly Hotels „Elememts“ in Bude. Hier durften wir auch unser Auto für die nächsten Tage stehen lassen.
Hallo Welt, hallo South West Coast Path!

South West Coast Path mit Hund und wer braucht denn schon ein weiches Bett?

Die Dame hinter dem Tresen des kleinen Hotels in Crackington Haven sah mich fragend an, welches der beiden verfügbaren Zimmer ich denn gerne hätte. Da fiel mir ein: „But we have a dog.“ „Oh sorry, no dogs allowed in our house.“ All meine Wunschträume von heißer Dusche und weichem Bett fielen in sich zusammen. Wir tranken unser Bier auf der schönen Sonnenterasse aus und brachen schnell auf. Vor Sonnenuntergang sollten wir bestenfalls einen geeigneten Zeltplatz gefunden haben.

Diesem Bier sollte in Crackington Haven kein Abendessen folgen.

Nur wenige Menschen haben wir bis dahin auf dem South West Coast Path getroffen. Kurz nach unserem Start in Bude passierten wir Widemouth Bay, einen beliebten Surferstrand. Hier war einiges los. Und dann sind da die beiden jungen Mädels, auch mit Zelt unterwegs. Immer wieder haben wir sie eingeholt, als sie gerade Pause machten, damit sie uns kurze Zeit später mit leichten Füßen trotz schweren Gepäcks wieder überholten. Wenn man mal andere Wanderer trifft, wird mit einem lässigen „Hi“ oder „Cheers“ freundlich gegrüßt.

Strandleben am Widemouth Bay

Hoch oben auf einer Klippe trafen wir einen Mann mit Fernrohr. Auf die Frage, ob er Vögel beobachten würde, sagte er „Seals – Seehunde“ und reichte mir das Fernrohr. Und tatsächlich, ich sah einen Seehundkopf aus dem Wasser ragen. Dann verschwand er und man sah einen dunklen Schatten unter der Wasseroberfläche verschwinden. Zwei Seehunde wären da unten, sagte er. Ein Baby hätte es auch gegeben, aber das wäre leider gestorben.  Die Bucht, eingerahmt zwischen steil aufragenden Felsen ist für Menschen unerreichbar. Dort würden sich die Seehunde besonders wohl fühlen.

Dort unten haben die Seehunde ihre Ruhe.

South West Coast Path mit Hund: nicht uneingeschränkt geeignet

Aber dass man kaum einen Menschen trifft, heißt nicht, dass man in der Wildnis ist. Der South West Coast Path hier im Norden verläuft Großteils durch private Weideflächen. Deswegen müssen auch immer wieder Weidezäune und Mauern überwunden werden. Meist sind Türen eingebaut, oft muss man sich auch über hohe Stufen und durch schmale Aussparungen zwischen Holzbarrieren durchquetschen. Zweimal mussten wir Bobby drüber heben. Für große, schwere Hunde sind diese Weidezäune teilweise unpassierbar. Der South West Coast Path ist nicht uneingeschränkt für das Wandern mit Hund geeignet, stellen wir fest.

Wenn man die Weideflächen verlässt, dann wird das Gelände steil und dornig. Brombeeren, Ginster und anderes Stachelgewächs zaubern einen bunten aber undurchdringlichen Teppich in die Landschaft. Bereits den ganzen Tag hatten wir die Augen offen gehalten und festgestellt, dass es ziemlich schwer werden wird einen geeigneten Platz für unser Zelt zu finden.

Schön anzusehen, aber mega stachelig ist die Vegetation am South West Coast Path.

Mit dem Erreichen von Crackington Haven, der einzigen echten Ortschaft auf unserer ersten Tagesetappe wuchs die Hoffnung, das Zelt eventuell doch noch gegen ein warmes Zimmer zu tauschen. Aber nachdem die nette Dame hinter dem Tresen sogar noch alle drei weiteren Unterkünfte am Ort angerufen hat und keiner uns mit Hund aufnehmen wollte, bin ich glücklich, dass unser Zelt im Gepäck ist und wir eine Chance auf ein Dach über den Kopf haben.

Ein letzter Blick zurück zu den weichen Betten von Crackington Haven.

South West Coast Path mit Zelt und die Suche nach der Nadel im Heuhaufen

Von Crackington Haven wandern wir Richtung High Cliff. Der Weg führt über Weideflächen. Weit weg sehen wir ein Farmhaus. In dessen Sichtweite können wir unser Zelt nicht aufbauen. Auf der nächsten Weide stehen in großer Entfernung Rinder. Da wir keine Lust auf nächtlichen Jungbullenbesuch am Zelt haben,  gehen wir weiter bergauf und erreichen die Bergkuppe. Über ein Gatter verlassen wir das Privatgelände. Vor uns liegt ein kleines Tal im Schatten des High Cliffs. Die Sonne ist bereits so tief, dass sie dahinter verschwunden ist. Und da liegt er vor uns, der perfekte Platz für unser Zelt. Hier in der Talsohle sind wir windgeschützt.  Ein fast ebenerdiger Bereich ist mit hohem Gras bewachsen. Nur wenige Brombeeräste muss Wolfgang mit dem Spaten entfernen.

Zeltplatz gefunden!

Schnell ist das Zelt aufgebaut und eingerichtet. Das Meer liegt tiefblau bis zum Horizont vor uns. Der Blick geht weit über die Küstenlinie. Unser warmes Abendessen (Reisgericht a la Unkel Bens) ist in diesem Moment einfach nur lecker. In der Hoffnung noch etwas vom Sonnenuntergang zu sehen, machen wir nach dem Essen noch einen Spaziergang über einen Pfad, der am Rande des High Cliffs entlang führt. Doch das erweist sich als zu weit. Der Himmel färbt sich rot. Irgendwo hinter den Klippen geht die Sonne unter. Wir verweilen einen Moment und genießen die Stimmung zum Tagesende am South West Coast Path. Wie schön ist es hier zu sein. Um uns herum nichts als Natur. Das kann keine heiße Badewanne und kein weiches Bett ersetzten. Bobby drückt sich ganz eng an meine Beine.

Abendessen
Abendspaziergang (Wer findet unser Zelt?)
ein letzter Blick auf das Meer vor dem Schlafengehen

Bobby ist als erster im Zelt verschwunden. Er liebt das Zelt – unsere Höhle. Und auch er ist erschöpft. Bald machen wir die Schotten dicht und kuscheln uns in unsere Schlafsäcke. Draußen pfeift der Wind und das Meer rauscht tief unter uns. Wir schlafen sofort ein.

Fortsetzung folgt, mit

  • noch spektakuläreren Ausblicken,
  • König Artus angeblichen Geburtsort,
  • und der Erkenntnis, dass die Engländer absolut hundeverrückt sind.

Bis bald aus dem wunderbaren Cornwall 🙂

Hier geht es zum zweiten Teil unserer Wanderung auf dem South West Coast Path: South West Coast Path mit Hund: Oh You are a good boy!


19 Gedanken zu “South West Coast Path mit Hund und wer hatte eigentlich die Idee mit dem Zelt?

  1. Vielen Dank für den schönen Bericht.
    Da habt Ihr Euch zum Wandern aber auch wirklich den steilsten Part des SWCP herausgesucht. Tapfer!
    Wir waren letztes Jahr in Rosecare bei Bude im Urlaub. Unser erstes Ziel war Crackington Haven. Was für eine Enttäuschung, dass ausgerechnet an dem Strand Hunde verboten waren.
    Ich bin gespannt, wie Euch der weitere Weg gefiel. Die Küste um Tintagel gehört für mich mit zu den schönsten Abschnitten des SWCP.

    Viele Grüße
    Ellen

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    1. Ja, die Anstiege sind wirklich heftig. Aber die Gegend so wunderschön. Danke dir für den Hinweis mit dem Hundeverbot am Strand von Crackington Haven. Das haben wir gar nicht bemerkt, da wir wegen unseres Suche nach einem geeigneten Schlafplatz gar keine Zeit für den Strand hatten 😅. Und so viel schon vorweg: Uns hat der Abschnitt bis Tintagel (trotz Knieschmerzen) überwältigt! Liebe Grüße von Andrea

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  2. Liebe Andrea,
    hab seit Tagen auf den ersten Reisebericht hier gewartet – und da ist er nun.
    Hoffentlich geht’s deinem Knie mittlerweile schon besser, dennoch: die Mühsal und der Schmerz scheinen sich gelohnt zu haben! Das sind ja atemberaubende Bilder (aber mir erzähle keiner, das wären alles Schnappschüsse!), was für eine herrliche Landschaft! Freu mich auf Teil 2 (und 3 und 4?) und wünsche euch weiterhin eine tolle Reise.
    Diesmal ist mein Lieblingsfoto ausnahmsweise keines, auf dem der Große Braune zu sehen ist, sondern mein Favorit ist das Bild, auf dem die farbliche Symbiose von Wolfgangs Windjacke mit eurem Zelt so perfekt in Szene gesetzt wurde (auch Wolfgangs Napf/Schüssel fügt sich stimmig in das Ensemble ein).
    Ich drück euch drei ganz herzlich und freu mich auf Lebenszeichen hier und dort!
    Eure Natascha

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    1. Liebe Natascha, was haben Wolfgang und ich uns schon über dieses Foto amüsiert und spekuliert, wann der Zelthersteller uns ein Angebot als offizieller Werbepartner machen wird 🤣. Und es wird noch besser: Auch unsere Luftmatratzen sind in dem gleichen Grünton gehalten. Und das ist wirklich alles Zufall! Bis bald, liebe Grüße und euch auch einen schönen Urlaub (müsste doch bald losgehen?!)! Andrea

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  3. Liebe Andrea,
    das hört sich ja toll an. Respekt, dass Ihr das mit so viel Gepäck, Zelt und allem drum und dran macht. Hört sich auch wahnsinnig romantisch an. Alleine die Übernachtung im Zelt wäre wohl eher nichts für mich Dayo, Suri, mich und en reizenden Gemahl … 😉 …
    Ich bin schon auf das nächste Kapitel gespannt.
    Viele Grüße
    Martina

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      1. *Kicher* … eigentlich will ich das ja nicht fragen, aber wie löst ihr bei solchen Übernachtung die „sanitären Angelegenheiten“ … ich muss es einfach fragen …*grübel* …
        Viele Grüße
        Martina

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        1. Ja, das sind tatsächlich die existenziellen Fragen, die auf solch einer Reise auf einmal wichtig werden … 😉 Also: Wenn kein See oder Bach in der Nähe (so wie bei uns) Katzenwäsche mit den mitgeschleppten Wasservorräten. Und für weitere Verrichtungen haben wir einen Klappspaten dabei (eignet sich auch um Stachelgestrüpp vom Zeltplatz zu entfernen). Papier habe ich auch schon mal in eine Hundek*…tüte gepackt und wie allen anderen Müll natürlich mitgenommen. Na, Lust auf Wandern mit Zelt bekommen ;-)?! Liebe Grüße!

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          1. … hhhmmm … natürlich würde das Wandern mit Zelt nicht an den sanitären Möglichkeiten scheitern, sondern daran, dass ich Zelt, Schlafsack, Klamotten etc. auf meinem Rücken transportieren müsste … 😉 …
            Bussi

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  4. Großartig! (England ist ein solcher Traum.) Und es klingt so heimelig – dieses kleine Zelt in der großen Natur und Bobby, der schon mal die Schlafsäcke vorwärmt. Freu mich auf mehr; lg, Stefanie

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