Ein (fast) ganz normaler Frühling im Jahr 2020

Am 15.03.2020 waren wir wandern im Harz. Als ich zu Hause meine Fotos durchsah, um wie meistens nach solchen Ausflügen, ein paar schöne Eindrücke davon auf Facebook zu posten, wurde ich nachdenklich. Was schreibe ich dazu? „Wandern hilft gegen sorgenvolle Gedanken und stärkt das Immunsystem?“ „Einfach mal nicht an Corona denken?“ „Noch mal Luft schnappen in der Natur, solange wir noch dürfen?“ Ausschließlich platte Sprüche fielen mir ein. Oder waren es dumme Ausreden? Noch gab es bei uns keine offiziellen Ausgangsbeschränkungen, dennoch war mir irgendwie klar, dass bei einer aktuell weltweit drohenden Virus-Pandemie solche Freizeitfahrten in das nahe gelegene Mittelgebirge nicht mehr verantwortbar sind. Dieser Ausflug in den Harz wird wohl der letzte für eine ungewisse Zeit gewesen sein. Ich denke, angesichts der ernsten Lage und all der anderen Probleme, ein sehr kleines Opfer.

Wolfsbergblick auf einer meiner Lieblingsrunden im Harz bei Stecklenberg

So drehe ich nun meine täglichen Runden vor der Haustür. Eigentlich hat sich da nicht viel für mich verändert und dennoch lässt mich das Wissen, dass dies die einzigen Outdoor-Abenteuer in der nächsten Zeit sein werden, ein wenig genauer hinschauen. Jeden Tag entdecke ich neue Knospen, die sich gerade öffnen. Bäume stehen in voller Blütenpracht vor einem blauen Himmel, wie wir ihn schon lange nicht mehr hatten.

Frühling 2020 in Braunschweig

Was für ein Glück im Unglück ist es doch, dass es gerade Frühling wird. Selbst der Blick aus dem Fenster ist farbenfroh und die Vögel scheinen dieses Jahr besonders laut zu zwitschern. Gestern konnte ich sogar zwei Störche vom Schlafzimmerfenster aus beobachten. Dort, wo normalerweise dichter Berufsverkehr in die Innenstadt von Braunschweig rauscht, kreisten sie über der Einfallstraße und den angrenzenden Bäumen.

Gleich hinter dieser vierspurigen Straße befindet sich das Schloss Richmond, ein kleines Lustschloss, das wenig Beachtung findet. Auch die angrenzenden Seen und der Bürgerpark sind höchstens im Hochsommer oder zu den verschiedenen Festen, wie Schlossspektakel oder Klassik im Park bevölkert. Einmal gab es dort sogar einen Wettbewerb der Pyrotechniker. In dieser Nacht bin ich mit Bobby zu meinem Bruder an das andere Ende der Stadt geflüchtet. Aber normalerweise sind wir hier gerade zu unseren morgendlichen Gassirunden ziemlich allein unterwegs. Unendlich viele Fotos sind dort schon entstanden.

Auf diesen immer gleichen Runden sehe ich den Wandel der Jahreszeiten besonders gut. Ich weiß, wo das erste Schneeglöckchen blüht und die gelben Winterlinge durch das Laub drücken.

Dann warte ich schon sehnsüchtig auf die Osterglockenfelder, um immer wieder neue Perspektiven für ein weiteres Foto zu suchen und nie die richtigen zu finden

Bobby fotografiere ich am liebsten vor dem Schloss oder wenn er über die weiten Wiesen des ehemaligen Schlossgartens Richtung Spielmannsteich blickt. Ich finde, er sieht dann immer so hochherrschaftlich aus.

Bald werden die ersten Bäume grün. Die Trauerweiden, die so dekorativ über das Ufer hängen, machen gerade den Anfang. Die Natur explodiert (völlig ohne Pyrotechnik) ganz normal, wie immer zu dieser Jahreszeit. Und vielleicht tut sie das sogar noch etwas mehr, jetzt wo die Welt (für die Menschen) ein wenig stiller steht – in diesem Frühling 2020.

PS: Und immer schön Abstand halten 😉

16 Gedanken zu “Ein (fast) ganz normaler Frühling im Jahr 2020

  1. Wundervolle Bilder und ein schöner Bericht! Ich habe hier bei mir auch meine Hausrunde und bin ebenso froh wie du, dass grade Frühling ist. Das macht die Situation so viel erträglicher für mich, denn im Winter fällt mir schon so die Decke auf den Kopf, ganz ohne Ausgehsperre und Co.
    Dein Wauz sieht wirklich sehr majestätisch aus vor dem Schloss!
    Liebe Grüße
    Tante Reisefieber

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  2. Hallo Andrea, so geht es uns auch. Wir versuchen jeden Tag, nach anstrengenden Bürotagen (bei uns wird es nicht weniger an Arbeit nur anders; HomeOffice), rauszugehen. Auch am Sonntag waren wir noch draußen. Wir halten uns an die Regeln, Abstand und nur wir zwei.
    Ich denke es ist wichtig uns soviel Normalität wie möglich zu erhalten aber weder andere noch uns in gefahr zu bringen. Auch finde ich es wichtig die schönen Dinge auch als solche hervorzuheben.
    Bleibt Gesund.

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  3. Liebe Andrea, ich komme erst heute zum Nachlesen und staune, wie ähnlich Deine Gedanken den meinen sind. Nur dass Dein Park geradezu einsam wirkt. Sieht herrlich aus.

    Gestern wurde es ja nun offiziell. Mindestens 3 weitere Wochen Ausflugsverzicht. Darauf hatte ich mich sowieso schon eingestellt. Deswegen komme ich eingermaßen damit zurecht. Aber wenns noch länger dauert…. Daran mag ich noch nicht denken.

    Einen ganz lieben Gruß, Stefanie

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    1. Ja, liebe Stefanie, das ging mir beim Lesen deines aktuellen Artikels genau so. Und was die nächsten drei Wochen angehen, darauf hatte ich mich auch schon eingestellt. Was dann kommt? Ich versuche ebenfalls nicht soweit zu denken, um mich nicht verrückt zu machen. In diesen Tagen erinnere ich mich immer wieder an meinen Vorsatz der kleinen Schritte für das Jahr 2020. Das mich die gegenwärtige Situation nun quasi dazu zwingt, diesen Vorsatz umzusetzen, hätte ich allerdings nie für möglich gehalten 😉 Ich grüße ganz herzlich nach Hamburg! Andrea

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