Leben im Zonenrandgebiet, das kenne ich bis zu meinem 20. Lebensjahr 1989, als die ersten Mauerstückchen in Berlin fielen. Dann bin ich aber von Salzgitter nach Köln gezogen und später nach Salzburg. Mittlerweile lebe ich in Braunschweig und somit wieder in der Nähe der ehemaligen innerdeutschen Grenze. Ich wundere mich immer wieder, wie sehr die ganze Region eigentlich immer noch Niemandsland ist. Es gibt ein paar aufpolierte und bis zum letzten Pflasterstein original restaurierte touristische Ballungszentren wie Quedlinburg und Werningerode. Über den Rest der Region der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze schwebt ein spannender spezifischer morbider Charme. Auf dem Kolonnenweg entlang der ehemaligen Grenze kann man z.B. durch den gesamtem Harz spazieren und passiert beeindruckende Wildnis in den großen Naturschutzgebieten des Grenzgebietes und unzählige kleine Dörfer mit meist sehr bewegter Vergangenheit zwischen Ost und West.

Gestern haben wir einen Ausflug in zwei dieser Dörfer gemacht: Offleben im Westen und Hötensleben im Osten in der Nähe von Schöningen. In Hötensleben kann man eine der wenigen noch erhaltenen Grenzanlagen besichtigen. Der Rundgang dieses Grenzdenkmals führt auf der einen Seite durch Offleben auf der Westseite. Man geht großteils auf dem alten Kolonnenweg und kann sich an 4 Stationen auf Schautafeln über die Geschichte informieren.
In Hötensleben auf der Ostseite kann man dann die ehemalige Grenzanlage, den sogenannten Todesstreifen besichtigen. Und diese Grenze war wirklich bis ins letzte abgesichert. Mit einer dieser Absicherungen hatte ich gleich Kontakt: Als ich eine Nahaufnahme der „Kraftfahrzeughöcker“ machen wollte bin ich auf dem Rückweg im Morast stecken geblieben. Ich hätte mir die Schautafeln durchlesen sollen: es handelte sich um „K6“, den Kontrollstreifen zur Erkennung von Fußspuren, 6 m breit… Des weiteren gab es insgesamt vier Mauern und Zäune (Sichtblendmauer, Grenzsicherungs- und Signalzaun, Grenzzaun und Grenzmauer und 8 weitere Gräben, Minenfelder, eine Hundelaufanlage und eben die „Kraftfahrzeughöcker“ vor der Grenzmauer.
Eine Schautafel erläutert, dass Versuche, der Grenztruppen, mit LKW gegen KFZ-Höcker zu fahren, mit der Schlussfolgerung endeten: „Die Stabilität ist gegen Anprallbelastung gewährleistet“. Da musste ich tatsächlich schmunzeln bei der Vorstellung, wie DDR-Soldaten im Selbstversuch reihenweise LKWs auf diese Höcker gesetzt haben… im übrigen waren diese Höcker gerade so breit gesetzt, das auch ein Trabbi sich nicht zwischen ihnen hindurch quetschen konnte. Auch diese Vorstellung war irgendwie absurd, dass jemand versucht mit seinem Plaste-Trabbi die Grenzmauer zu durchbrechen.
Ein Rundgang führt über das ehemalige Sperrgebiet und man bekommt einen Eindruck von diesem unmenschlichen Bollwerk. Es ist wirklich großartig, dass diese Zeiten vorbei sind!
Ein Gedanke zu “Grenzgang im deutsch-deutschen Niemandsland”