Von Salzburg, das uns in Richtung Süden immer als willkommene Zwischenstation dient, reisen wir nach einem erfüllenden Familienwochenende weiter. Über den Tauern- und den Katschbergpass erreichen wir Kärnten. Kurz nach Villach überqueren wir unmerklich die italienische Grenze, um dann bei Tarvisio die Autobahn Richtung Slowenien zu verlassen. Die Landschaft um uns herum wird immer faszinierender. Wir tauchen in eine Region ein, die ich schon häufig passiert hatte und doch noch nie wirklich wahrgenommen habe – die Julischen Alpen, ein Teil der südlichen Kalkalpen im Dreiländereck zwischen Österreich, Italien und Slowenien. Auf dem Weg an die kroatische Adriaküste ging es bisher immer möglichst schnell entweder rechts oder links – durch den Karawankentunnel oder über Udine – vorbei an diesem beeindruckenden Gebirge, das uns nun mit saftig grünen Hängen und schroffen Felsen umgibt. Seitdem wir mit Dachzelt unterwegs sind, lassen wir uns mehr Zeit. Erst in fünf Tagen wollen wir in Kroatien auf der Insel Rab sein, wo wir für eine Woche ein Ferienhaus gebucht haben. Unser heutiges Ziel ist das Soča Tal in Slowenien.



Mit Dachzelt nach Kroatien: Erster Zwischenstopp im Soča Tal
Vorbei an dem romantischen Lago del Predil geht es auf dem Predilpass immer höher und wir blicken in tiefe Täler und auf hohe Berge. In den Hängen sehen wir alte Befestigungsanlagen. „Waren hier in der Gegend nicht die Isonzoschlachten?“ fragt sich Wolfgang als wir an einer Passhöhe Pause machen. Erst jetzt realisieren wir, dass die slowenische „Soča“ der gleiche Fluss wie der italienische „Isonzo“ ist. Und ja, hier in den Bergen tobte im ersten Weltkrieg ein erbitterter Stellungskrieg. Diesmal haben wir keinen Reiseführer dabei. Als im Vorfeld der Reise die Frage aufkam, wo wir einen Zwischenstopp Richtung Kroatien machen wollen, erinnerte ich mich an Berichte und Fotos von tiefgrünem Wasser in kalkweißen Schluchten aus dem Soča Tal und dass ich dort immer mal hinwollte. Damit erschöpft sich auch schon mein Vorwissen um diese Region. Jetzt sind wir hier und überwältigt von der Natur, die, kaum dass wir die Autobahn verlassen hatten, so einsam und wild erscheint, als wäre man weit weg von jeglicher Zivilisation.



Camp Soča: Endlich wieder Dachzelten
Am Camp Soča schlagen wir unser Dachzelt auf – zum ersten Mal in diesem Jahr. Wir sind einfach nicht dazu gekommen, ohne das ich genau benennen könnte, woran es lag. Ich denke, dass die andauernde Coronapandemie und nun der schreckliche Krieg in Europa mich tatsächlich mehr Zeit und Kraft kosten als ich mir eingestehen möchte. Rein praktisch aber besonders auch mental bin ich viel damit beschäftigt, mich mit meinem beruflichen Alltag und persönlichen Lebensumständen darin zurechtzufinden und immer wieder den für mich passenden Weg durch die vielen Ungewissheiten zu suchen. Vermeintliche Kleinigkeiten gehen nicht (mehr) wie selbstverständliche von der Hand. An Reiseplanung war kaum zu denken, so dass nun, Ende Mai, auf einmal unser Urlaub vor der Tür stand, von dem wir bis vor Kurzem noch gar nicht wussten, wo wir ihn verbringen werden. Nun sind wir ziemlich unvorbereitet einfach mal drauf los gefahren, Richtung Kroatien.


Aber während unseres Roadtrips im letzten Jahr über die Alpen nach Südfrankreich haben wir so viel Routine mit dem Dachzelt entwickelt, dass kaum zehn Minuten später unser Schlafzimmer am Dach aufgebaut ist. Und obwohl gerade noch die Sonne scheint, spannen wir auch die Markise auf, denn: Für die Nacht sind Gewitter angesagt. Auch das kennen wir mittlerweile. Diesmal haben wir sogar eine Bodenplane mitgenommen, durch die das Wasser ablaufen kann, so dass wir beim Aussteigen aus dem Dachzelt nicht gleich durch den Schlamm stapfen müssen. Der Campingplatz ist nur spärlich belegt. Zu Pfingsten wird er aus allen Nähten platzen, hören wir später von anderen Reisenden. Ohne Zeit zu verlieren, gehen wir runter zu Soča, die sich herrlich türkisgrün über die weißen Felsen ergießt und wo sich Bobby gar nicht sattsehen kann an den vielen Forellen, die sich in den ausgehölten Kalksteintrögen im glasklaren Wasser tummeln.


Es dämmert bereits als wir zum Dachzelt zurückkommen und während ich das Gemüse für unser Abendessen anbrate, fängt es wie angekündigt an zu regnen. Alle um uns herum ziehen sich in ihre Wohnmobile und Busse zurück. Auch Bobby liegt längst in seiner geliebten Höhle im Kofferraum und träumt vor sich hin. Wir bleiben draußen unter unserer Markise und essen. Weit weg grummelt es. Irgendwo in den Bergen gewittert es bereits. So nah an der Natur scheint der Alltag weit weg und das tut gerade einfach gut.

Soča-Trail: Fliegenfischen und Tannenzapfenjagen
In der Nacht gewittert es tatsächlich. Die Donner sind kaum einzeln auszumachen. Ein auf- und abebbendes Grollen tönt beinahe ohne Unterbrechung aus den Bergen. Als ich kurz aus dem Fenster schaue, sehe ich die Gipfel um uns herum in einem wahren Blitzlichtgewitter fast taghell beleuchtet, bis sie kurz darauf wieder in der tiefdunklen Nacht verschwinden. Ein fantastisches Schauspiel.
Erstaunlicherweise haben wir trotz der nächtlichen Geräuschkulisse alle gut geschlafen. Auch Bobby ist voller Tatendrang als wir zu unserer Wanderung aufbrechen. Auf dem Soča-Trail, der insgesamt 25 Kilometer weit von der Quelle im Triglav Gebirge bis nach Bovec führt und ein Teilabschnitt des Alpe-Adria-Trails ist, wollen wir heute ein Stück Flussaufwärts gehen. Knapp sechs Kilometer sollten es werden und genauso viele wieder zurück, für die wir fast sieben Stunden brauchen werden. Zu viel gibt es dort zu bestaunen, zu oft muss man die Füße ins eiskalte Wasser strecken und zu gerne geht Bobby seiner neuentdeckten Leidenschaft nach: dem Tannenzapfenjagen, als dass man sich hätte weniger Zeit lassen können. Ach, seht einfach selbst ….



















Vršič-Pass: In 50 Kehren über das Triglav Gebirge
Am nächsten Morgen packen wir nach dem Frühstück unser Dachzelt zusammen. Die Plitvicer Seen in Kroatien sind unser nächstes Ziel. Seitdem ich vor fünf Jahren das letzte Mal in diesem faszinierenden Nationalpark (hier nachzulesen) war, wollte ich wieder hin – mit mehr Zeit für größere Wanderungen abseits der Touristenpfade. Ohne auf die Karte zu schauen und die Route zu planen, geben wir den Campingplatz „Korana“ (nicht Corona- puh 😉) / Plitvice / Kroatien ins Navi ein und fahren los.


Schon bald tauchen wir in den Triglav Nationalpark ein und schrauben uns Kehre um Kehre aufwärts. Irgendwann lese ich „Kehre 37“, dann „36“. Wir fragen uns, wie viele Kehren es wohl noch sein werden und wie hoch es noch gehen wird als wir einen Parkplatz erreichen, von dem man zu einem Aussichtspunkt gelangt. Mittlerweile sind Wolken aufgezogen und ein kalter Wind weht uns um die Ohren. Morgens noch mit T-Shirt und kurzer Hose gestartet, überlegen wir kurz, einfach weiterzufahren. Was für eine beeindruckende Rundumsicht in den Triglav Nationalpark hätten wir verpasst! Und nicht nur das.

Auf Schautafeln lesen wir, dass der Vršič-Pass (Werschitz Pass), der mit 1611 Metern höchste befahrbare Gebirgspass Sloweniens, im ersten Weltkrieg von russischen Kriegsgefangenen gebaut wurde, um die Versorgung und den Nachschub für die von 1915 bis 1917 insgesamt zwölf „Isonzo-Schlachten“, sicherzustellen. Über eine Millionen Soldaten kamen hier ums Leben. Ergriffen blicke ich in Berge, die eine neue Bedeutung für mich bekommen. Irgendwann mal aufgeschnappte und im Hinterkopf existierende historische Daten und Fakten werden auf einmal real greifbar. Hätten wir uns auf Slowenien wenigstens ein klein wenig vorbereitet, wären wir wahrscheinlich genau diese Strecke gefahren, wegen der Aussicht und wegen der Geschichte. Dann wären wir bestimmt auch zur Soča-Quelle und dem beeindruckenden Wasserfall dort gewandert oder hätten uns noch die russische Kapelle angesehen, die zum Gedenken an die über 400 russische Kriegsgefangenen gebaut wurde, die während eines Lawinenabgangs ums Leben kamen.
Aber ich habe keine Ahnung von all dem, was man hier in der Region hätte sehen sollen. Und dennoch habe ich das Gefühl, viel mehr als das entdeckt zu haben. Ich vermisse nichts. Ganz im Gegenteil. Ohne Erwartungen ist der Kopf frei von der Sorge etwas zu verpassen und offen für das, was ist.





Beeindruckt von der rauen Schönheit und der geschichtlichen Bedeutung des Triglav Nationalparks inmitten der Julischen Alpen lesen wir irgendwann: „Kehre 1“. Nach insgesamt 50 Kehren sind wir auf der Nordseite in Kranjska Gora angekommen. Heute Abend wollen wir die Plitvicer Seen in Kroatien erreichen. Für unsere Zeit dort habe ich konkretere Vorstellungen und Pläne. Und ich bekomme gerade Lust, diese einfach zu vergessen …
Soča Tal und Triglav Nationalpark – Unsere Route durch Slowenien

Soča Tal und Triglav Nationalpark mit Hund – Blogs, Links und Co
Mein Tipp für eine Reise nach Slowenien ins Soča Tal, in den Triglav Nationalpark, nach Bled (da waren wir auf der Rückreise von Kroatien, dazu dann später mehr) oder egal wohin: mal keinem Tipp folgen, keinen Plan haben – aber: sich Zeit nehmen, rechts und links schauen, von der Autobahn abbiegen und Alternativrouten wählen, Ausschilderungen am Straßen- und Wegesrand folgen, vor Ort mit den Menschen sprechen: in Touristeninfos, auf Campingplätzen oder einfach auf der Straße nach dem Weg oder nach Sehenswertem fragen und sich überraschen lassen, was der Tag so für einen bereit hält. Das klingt banal und doch mache ich es umso seltener, je konkreter ich meine Reise vorher plane. Ich habe festgestellt, dass man den örtlichen „Highlights“ und „Must-Sees“ beinahe zwangsläufig über den Weg läuft, so dass man gar keine Sorge haben muss, diese zu verpassen. Und ohne vorheriger Bilder im Kopf und damit verbundenen Erwartungen ist das Erlebnis dann umso beeindruckender. Ich habe mir auf jeden Fall vorgenommen, häufiger mal planlos zu sein 😉
So, aber wer dennoch auf ein paar weitere Inspirationen und gute Tipps für Slowenien, das Soča Tal und dem Triglav Nationalpark mit Hund nicht verzichten möchte – folgende Blogs kann ich sehr empfehlen:
The VanDogBlog: Atemberaubendes Soča Tal – We feel Slowenia
WiederUnterwegs Reiseblog: Meine 10 Tipps für Slowenien mit Hund
Aber auch die offiziellen Seiten vom Soča Tal und vom Triglav Nationalpark sind senr schön aufgebaut und geben jede Menge Infos.
Du kannst so schön erzählen! Vielen Dank, dass du das alles so aufgeschrieben hast! Mir sind solche Reisen nicht möglich, umso lieber lese ich solche Berichte 🏞️. Genießt es weiter, zu dritt so unterwegs zu sein! 🌞
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Vielen Dank für deine lieben Worte! Das freut mich sehr, dass du hier ein wenig mit uns reist. Herzliche Grüße von Andrea
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Ein toller, informativer Reisebericht. Du schreibst sehr inspirierend. In Slowenien war ich noch nie. Ich wünsche euch eine schöne Zeit in Kroatien 👍 Liebe Grüße von Sigrid
Wir starten nächste Woche zu einer Rad-Schiffsreise nach Budapest. Diese Art des Reisens wollen wir jetzt mal ausprobieren.
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Danke, liebe Sigrid! Mittlerweile sind wir schon wieder zu Hause. Aber unsere Zeit in Kroatien war richtig schön – planlos und auch überraschend …. 😘 Ich werde noch berichten. Euch wünsche ich eine gute Reise! Ich finde es echt klasse, dass ihr immer wieder Neues ausprobiert und bin gespannt, was du berichtest! Liebe Grüße von Andrea
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Tolle Bilder und toller Text. Macht wieder richtig Lust auf Urlaub. Danke schön!
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Vielen Dank! Und für uns geht’s glücklicherweise morgen schon wieder los, Richtung Kroatien. Ich hoffe, du kannst auch bald wieder Urlaub genießen! LG, Andrea
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Hallo dein Bericht ist wirklich super interessant geschrieben.
Wir haben für nächstes Jahr im August Camp Liza gebucht.
Dieser liegt auch im Soca Tal.
Wir freuen uns sehr auf diese wunderschöne Natur,jedoch hat mein Mann bedenken wegen der Anreise……wir können mit unserem Gespann(Passat u.Wohnwagen (7,5 m)unmöglich diesen Pass fahren. HILFE……
HAST DU EINEN TIP WIE WIR AM BESTEN ANREISEN ?WIR WOHNEN IN DER NÄHE VON WÜRZBURG.
Liebe Grüße Melanie
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Liebe Melanie, das freut mich sehr, dass dir mein Bericht gefällt. Wenn ihr genauso anreist wie wir (über Italien, Tarvisio und Predilpass), dann dürfte das kein Problem sein. Dieser abenteuerliche Pass durch den Triglav Nationalpark müsstet ihr dann fahren, wenn ihr über den Karawankentunnel anreist. Von daher braucht ihr euch, denke ich, keine Sorgen machen. Ich wünsche euch eine superschöne Zeit in Slowenien! Liebe Grüße, Andrea
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