Pembrokeshire Coast Nationalpark und die kleinen Dinge, die Wales so großartig machen

Als wir den Brecon Beacons Nationalpark verlassen, zieht es uns ans Meer. Etwa 1400 Kilometer zerklüftete Küstenlandschaft hat das kleine Wales zu bieten, das gerade mal 250 Kilometer lang, 90 Kilometer breit und damit etwa so groß wie Hessen ist. Und das Beste: Die gesamte Küstenlinie mit ihren 230 Stränden lässt sich auf dem Wales Coast Path wandernd erkunden.

Die schönsten Abschnitte sollen sich im Pembrokeshire Coast Nationalpark befinden, wo wir in zwei Tagen ein Ferienhaus beziehen werden. Bis dahin sind wir mit dem Dachzelt unterwegs und steuern die etwas südlicher gelegene Gower Halbinsel an – die erste Region Großbritanniens, die als „Gebiet außergewöhnlicher Naturschönheit“ ausgezeichnet wurde. Ja, das ist es, was Wales ausmacht: die Natur. Nicht nur eine faszinierende Küste, auch spektakuläre Berge gibt es. Und alles ganz nah beieinander. Ein Traum für uns. Und ein Traum für Bobby. Denn Hundeverrückt sind sie sowieso, die Briten.

Zur Orientierung: Die Route unserer 3-wöchigen Reise durch Wales

Wales: Camping mit Meerblick, britische Höflichkeit und dogs welcome – gibt es etwas Besseres?

A place right by the sea? Of course I have. Please follow me!“ Der Campingplatzbesitzer fährt mit seinem kleinen Trecker über die riesigen Wiesen. Wir folgen durch schmale, in Hecken geschnittene Durchfahrten, die die verschiedenen Bereiche voneinander trennen, bis beinahe ganz ans Ende der Bucht. Keinen Strom gibt es hier hinten und die Sanitäranlagen sind hunderte Meter weit weg. Aber das Meer ist ganz nah. Auf dem Skysea Camping Port Eynon stehen nur vereinzelte Camper. Der Abstand, den man zum Nachbarn stets einhalten soll, so wie es hier in Wales häufig in den Campinglatzregeln steht (auch dass man sich mit seiner Tür immer abgewandt zur der Tür des nächsten Campers aufstellen soll und dass sogenanntes „Burgen bauen“ mit anderen Campern nicht gewünscht ist), ist wahrlich kein Problem. Ich liebe diese so typisch britischen Höflichkeitsregeln – auch beim Campen.

Im kleinen Port Eynon holen wir uns Fish and Chips „for take away“, setzten uns an die Strandpromenade, essen und blicken über das Meer. „Hey, enjoy the meal and this scenery!“ wünscht uns ein Passant. „Is there anything better?“

Später gehen wir ins Ship Inn, das örtliche Pub. Und während wir mit Bobby etwas unsicher eintreten und uns noch fragen, ob Hunde wohl erlaubt sind, sehen wir unter beinahe jedem Tisch mindestens ein Schnauze hervorlugen. Neben dem Kamin liegen Hundedecken und Hundebetten bereit. Ein Hund sitzt sogar auf der Bank mit am Tisch, ganz selbstverständlich. Ganz menschlich. Aber alle Hunde bleiben höflich und halten Abstand. Very british.

Gower Halbinsel: Wilde Küste am Port Eynon und Traumstrand an der Rhosili Bay

Unsere Zeit auf der Gower Halbinsel könnten auch wettertechnisch kaum abwechslungsreicher sein. Sturm und Regen begleiten uns am ersten Tag auf unserer Wanderung entlang der wilden Küste von Port Eynon. Wir sind restlos beeindruckt von den steil ins Meer abfallenden Klippen, den kräftigen Farben der grünen Küste und dem aufgewühlten Ozean, trotz oder gerade wegen des wolkenverhangenen Himmels.

Morgen geht es an die Pembrokeshire Coast in ein Ferienhaus. Ich freue mich genauso darauf, wie ich das Dachzelten schon jetzt vermisse. Immer draußen, der Natur ganz nah, jedem Wetter ausgesetzt. Manchmal bin ich genervt von den Umständen, doch stets überwiegt schnell wieder das Glücksgefühl, das ich durch dieses unmittelbare Erleben empfinde. Denn nach Regen kommt irgendwann Sonne und gerade in Wales dauert das oftmals nicht lange …

Nach Regen …

… kommt Sonne.

Der nächste Morgen begrüßt uns mit perfektem Wetter für einen Ausflug an den Strand an der Rhossili Bay, über den man in allen Reiseführern nur Superlative liest. Und tatsächlich: schon der Blick vom Parkplatz über die Bucht ist beeindruckend. Einer der ausgewiesenen Rundwanderwege führt uns direkt runter zum Strand, wo wir kaum wissen, in welche Richtung wir gucken sollen vor lauter Sand und Meer. Wow! So sieht Wales also bei Sonne aus!

Nach knapp vier Kilometern – wir haben das Ende des Strandes immer noch nicht erreicht – geht es auf dem Coast Path über saftig, grüne Hänge zurück. Wir machen noch einen Abstecher zum Worm’s Head, das sich mit beinahe senkrecht ins Meer fallenden Klippen durch das türkisblaue Meer schlängelt. Noch ewig hätten wir weiter gehen und staunen können. Aber wir müssen noch ein Stück Auto fahren, bis nach Liitle Haven im Pembrokeshire Coast Nationalpark.

Pembrokeshire – Ankommen in Little Haven

Am späten Nachmittag dieses wunderbar sonnigen Tages kommen wir in unserem Ferienhaus an. Nicht nur Bobby fühlt sich sofort wohl, in dem etwas dunklen aber sehr liebevoll eingerichteten Haus. Wolfgang und ich öffnen uns ein Bier und setzten uns auf die Terrasse inmitten des dicht bewachsenen Gartens.

Ankommen. Für eine Woche. In der wir allerdings kein einziges Mal wieder im Garten sitzen werden. Es wird keinen Tag geben, an dem es nicht regnen wird. Und erstaunlicherweise wird mich das überhaupt nicht stören. Und das nicht nur, weil ebenfalls kaum ein Tag vergehen wird, an dem nicht auch mal die Sonne scheint. Das wechselhafte Wetter, genauso wie die hohen Tiden hier in Wales verändern die Küstenlandschaft auf faszinierende Art und Weise. Wo bei Ebbe gerade noch ein riesiger Strand im Sonnenlicht glitzert, können ein paar Stunden später schon hohe Wellen um die schroffen Felsen der Steilküste tosen.

An unserem Ferienhaus führt der Pembrokeshire Coast Path vorbei, über den man mit weiten Blicken in den winzigen Ortskern von Little Haven gelangt. Rechts und links der Bucht verstreuen sich die bunten Häuschen über die grünen Hänge. 

Wenn Flut ist, beobachten wir bei einem leckeren Cream Tea die abgehärteten Schwimmerinnen, die kein Wind und Wetter scheuen. Bei Ebbe spazieren wir über den festen Sandboden, vorbei an Felsen und Höhlen, die das Meer jeden Tag aufs Neue freilegt, bis in die Nachbarbucht, nach Broad Haven. Dort kaufen wir ein, gehen essen, bummeln. Wenn wir die Zeit verpassen, müssen wir über die steile Straße, entlang der hohen Klippen zurück nach Little Haven gehen. Der Flutkalender ist unser ständiger Begleiter in Wales.  

Ich bin mir sicher: Mindestens eine Woche könnten wir in Little Haven und fußläufiger Umgebung verbringen, ohne dass uns langweilig werden würde. Aber wir sind ja hier, um Pembrokeshire, das einst auch „Gwlad Hud a Lledrith“ – „Land der Rätsel und Zauber“ genannt wurde, zu erkunden. Und diese Region im Südwesten von Wales, die bereits 1952 zum ersten Küstennationalpark Großbritanniens erklärt wurde, wird uns tatsächlich verzaubern. Fast 300 Kilometer Küstenlinie und 58 Strände umfasst der Pembrokeshiere Coast National Park. Und ein paar Abschnitte davon werden wir in den nächsten Tagen bestaunen dürfen. Los geht’s …

Zur Orientierung: Unsere Ausflugsziele und Wanderungen in Pemprokeshire

Seal Watching am Martins Haven und magische Momente am Marloes Sands

Wenn wir an einer Küste sind, zieht es uns immer an Kaps und auf Landzungen. Hier kommt man dem Meer am nächsten und die Ausblicke sind meist besonders abwechslungsreich. An der Küste von Wales gibt es zu unserem Glück mehr als genug davon. So wandern wir um das Spitz bei Martins Haven, mit Blick auf Skomer Island, die berühmt für die riesige dort ansässige Kolonie der seltenen Papageientaucher ist, entlang einer atemberaubenden Steilküste.

Puppy seals – Seehundebabys soll man hier zu dieser Jahreszeit im September beobachten können. Und in einer Bucht entdecken wir tatsächlich zwei Seehunde. Fasziniert versuchen wir vergeblich die beiden Tiere, die sich hinter großen Felsen verstecken, zu fotografieren, bis sie irgendwann im Meer verschwinden. Hätten wir gewusst, was uns in der nächsten Bucht erwarten würde, hätten wir uns nicht so bemühen müssen. Mindestens zehn Seehunde, darunter Welpen unterschiedlichen Alters zwischen 0 und 20 Tagen, liegen tief unten, aber gut sichtbar am Strand. In dem Prospekt, das wir im Informationszentrum am Parkplatz von Martins Haven mitgenommen haben, können wir nachlesen, wie man das Alter an Fellfarbe und Körperform erkennt. Man solle aufpassen, wo man hintritt, steht dort auch. Wir robben uns bäuchlings an den Rand der Steilwand und können sogar beobachten, wie eine Mutter ihren Welpen säugt. Ein wahrlich bezauberndes Naturerlebnis.

Aber nicht genug für diesen Tag. Nicht weit von Martins Haven steht Marloes Sands noch auf dem Programm. Im Runwayskiln Cafe essen wir leckeren Carrot Cake, bevor wir Richtung Küste spazieren und bald nach links und nach rechts einen unwiderstehlichen Blick auf den Strand von Marloes Bay haben.

Bei Flut ist der Strand verschwunden. Jetzt bei Ebbe, liegen die großen Felsbrocken und Klippen aus rotem Sand- und grauen Schiefergestein frei und zaubern mystische Formationen ins Gegenlicht. Wir folgen dem schmalen Wanderpfad nach unten. Bobby ist außer Rand und Band, rennt durch das seichte Wasser, dann strecken wir das Gesicht in die Sonne und hören dem Wind und dem Rauschen des Ozeans zu.

Als wir den Rückweg antreten, ziehen dunkle Wolken auf, und es dauert nicht lange, bis es regnet wie aus Eimern. Bald kommt die Sonne wieder durch und ein Regenbogen weist uns den Weg zurück zum Auto. Wales – einfach magisch.

Bunte Häuser in Tendby, ein Rätsel um die St Govan’s Chapel und noch ein Traumstrand

Tenby ist bekannt für seine bunten Häuser, die sich fotogen rund um die Bucht reihen. In viktorianischer Zeit stieg Tenby zu einem beliebten Seebad der Schönen und Reichen auf, und auch heute ist es noch sehr beliebt und wahrscheinlich im Sommer ziemlich überlaufen. Selbst jetzt im September stehen auf dem großen Parkplatz etliche Reisebusse. Entlang der Promenade schlendern wir bis zum Hafen und zu dem dahinter liegenden Tenby Castle, das auf einer felsigen Landzunge hoch über dem Meer thront.

Dekorativ ist Tenby schon, aber uns zieht es bald wieder in die Natur, und wir fahren bis an die südlichste Spitze von Pembrokeshire. Besonders raue Küstenabschnitte und einsame Strände, wie den Broad Haven South Beach, gibt es hier am Stackpole Estate.

Und eine Kuriosität: Mitten in den Felsen der Steilküste, ganz unten am Wasser steht eine Kapelle. Aus dem 13. oder sogar aus dem 6. Jahrhundert könnte sie stammen. Der heilige St Govan aus Irland soll sich hierher geflüchtet haben, wo sich auf wundersame Weise für ihn der Fels geöffnet hat. Als wir über steile Treppen die St. Govans Chapel erreichen und hier unten zwischen den hohen Wänden der Steilküste beinahe mitten in der Brandung stehen, haben wir keinen Zweifel daran, dass es so gewesen sein muss.

St Davids – „… do the little things …“

An dem Tag, als wir St Davids, die kleinste Stadt Großbritanniens am westlichsten Zipfel von Wales besuchen, kommt die Sonne tatsächlich gar nicht raus. Dafür ist die Stimmung rund um die alten Gemäuer der beeindruckenden St Davids Kathedrale – eines der wichtigsten religiösen Stätten in Wales – umso mystischer.

„Be joyful, keep the faith, an do the little things …“  sind die bekanntesten Worte, die St David, der heilige Schutzpatron von Wales seinen Anhängern gepredigt hat.

… die kleinen Dinge, die Wales so großartig machen

All die vielen Erlebnisse und Eindrücke der letzten Woche gehen mir durch den Kopf, als wir ein letztes Mal vom Ferienhaus auf dem Pembrokeshire Coast Path nach Little Haven und weiter nach Broad Haven laufen, dort über die Promenade spazieren und dann von den Klippen aus auf das Meer blicken.

Wir beobachten, wie eine Person im Rollstuhl über den Strand gefahren wird und dann auf einem extra dafür ausgestatteten Surfboard, gemeinsam mit einer zweiten Person, eine Welle reitet. An insgesamt 16 Stränden allein in der Region Pembrokeshire gibt es spezielle Strandrollstühle und weiteres Equipment für Menschen mit Einschränkungen, lese ich später in der „Coast to Coast“, der Besucherzeitung des Pemprokeshire Coast National Parks. St Davids Worte fallen mir wieder ein. Ja, es sind genau diese „kleinen Dinge“, die Wales so großartig machen.

See you soon …

… mit dem letzten Teil meines Berichtes über unsere Reise durch Wales – es geht in die Berge! Von Conwy aus, wo wir ebenfalls für eine Woche ein Ferienhaus gebucht haben, werden wir den Snowdonia Nationalpark erkunden. Eine meiner härtesten Wanderungen steht mir dort bevor und Bobby fährt das erste Mal in seinem Leben Riesenrad. Aber es wird auch wieder Küste geben – denn ohne geht in Wales schwerlich.

Wales zum Nachlesen und Nachreisen: Blogs, Links und Co.

Im ersten Blogartikel über unserer Reise durch Wales berichte ich über die Anreise mit Hund nach Großbritannien, eine Wanderung im Brecon Beacons Nationalpark, den Besuch der Bergbaustadt Bleanavon und noch viele weitere kleine und große Sehenswürdigkeiten: Wales – mehr als eine Weltsensation und was ich aus Großbritannien mitnehme …

Zu empfehlen für einen Besuch in Wales ist „Visit Wales“, das offizielle Internetportal des staatlichen Fremdenverkehrsamtes von Wales. Kaum eine Information, die man hier nicht findet und dazu noch sehr übersichtlich und ansprechend gestaltet. Und für alle, die noch unentschlossen sind, gibt es dort „10 gute Gründe für eine Reise nach Wales“ nachzulesen.

Wir hatten den Reiseführer Wales vom Michael Müller Verlag, der umfassende Informationen enthält und auch kleine Wanderrouten empfiehlt. Vor Ort gibt es jede Menge Informationsmaterial für alle Sehenswürdigkeiten und Kartenmaterial zu den einzelnen Regionen, oftmals sogar umsonst. Wir haben uns für Pembrokeshire einen kleinen Wanderführer, herausgegeben vom Nationalpark, mit 20 Wanderrouten zwischen 3 und 11 Kilometern, gekauft: „Pembrokeshire Coast – Park Rangers Favorite Walks„.

Dogs welcome – Wales mit Hund

Wales ist wie ganz Großbritannien ein Paradies für Hunde. Nirgendwo auf unseren Reisen habe ich eine größere Begeisterung für Hunde erlebt. Fast alle Strände sind (teilweise eingeschränkt) für Hunde erlaubt. Auf vielen Stränden in Wales, z.B. auf allen Strände des National Trusts auf der Gower Halbinsel, so auch in der traumhaften Rhossili Bay, sind ganzjährig Hunde erlaubt – nein, besser gesagt: sind ganzjährig „dogs welcome“, wie es in Großbritannien formuliert wird. Diese höflichen Kleinigkeiten schon in der Wortwahl und im allgemeinen Umgang sind so angenehm. Auch viele Sehenswürdigkeit, die meisten Pubs und Tearooms sind für Hunde erlaubt. Und wenn nicht, dann gibt es meist gute (und höflich formulierte) Hinweise für Alternativen.

(PS: Die Tipps und Infos basieren auf meinen Erfahrungen und dem Zeitpunkt meines Besuchs, ich empfehle, sich immer selbst über die aktuellen Gegebenheiten vor Ort zu informieren.)


10 Gedanken zu “Pembrokeshire Coast Nationalpark und die kleinen Dinge, die Wales so großartig machen

    1. Oh ja, Wales ist wirklich ein Traum. In Aberystwyth waren wir auf der Durchreise, um uns das Polizeipräsidium von Inspektor Mathias aus einer walisischen Krimiserie anzuschauen. Von Holyhead haben wir leider gar nichts gesehen, obwohl wir auch dort waren, allerdings bei Regen, Sturm und Nebel … Aber das gehört in Wales halt dazu 😘

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  1. Eure Reiseberichte zu lesen und die Fotos dazu anzuschauen, macht – wie immer- einfach nur Freude und Lust, diese Gegenden zu erkunden. So auch diesmal!

    Danke und lieben Gruß!

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  2. Euren Beitrag habe ich mir extra aufgehoben, bis ich richtig Zeit und Muße zum Lesen hatte. Traumhaft „ genau so, wie wir Wales in Erinnerung haben. Vielen Dank für die wunderschönen Fotos und die tolle Atmosphäre, die euer Beitrag vermittelt! 😃

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