Zehn Jahre ist es her, da habe ich Lanzarote entdeckt. Meine Eltern reisten in jedem Winter für ein paar Wochen dort hin. Im ewigen Frühling der Kanaren tankten sie stets so viel Energie, um danach den Restwinter in „Schmuddel – Deutschland“ entspannt auszuhalten, sagten sie immer.

Dann kam der 70. Geburtstag meines Vaters und die überraschende Einladung an Wolfgang und mich, dieses Ereignis gemeinsam auf Lanzarote zu feiern. Es passte zeitlich, der Herbst ging gerade in den Winter über. Ohne große Erwartungen flogen wir nach Lanzarote. Die Kanaren als klassisches Pauschalreiseziel passten eigentlich nicht in mein „Beuteschema“, was Reisen betrifft.
Lanzarote – immer gleich und doch alles anders
Wir besuchten meine Eltern auf „ihrer“ Insel. Um uns herum war Meer, Vulkanlandschaft, weiße Häuser, blaue Fensterläden, grüne Palmen und Kakteen, Weinberge im Lavagestein, Kunst und Kultur auf den Spuren von Cesar Manrique. Meine Eltern kannten scheinbar alles hier – alle geheimen Ecken, Abkürzungen und besondere Ausblicke – und sie zeigten uns das alles.


Und auf diesen Reisen nach Lanzarote bekam ich einen neuen Blick auf meine Eltern – auch sie sind Reisende. Sie waren es wahrscheinlich schon immer. Beide mussten in ihrer Kindheit durch Flucht und Vertreibung ihre Heimat verlassen. Sie haben sich im Urlaub (wo sonst) gefunden und durch diverse Umzüge stets bewiesen, dass man an jedem Ort „über“-leben kann. Zu viel Verwurzelung birgt die Gefahr des Verlustes. Ich erinnere mich, als ich oder mein Bruder in Jugendjahren unterwegs auf Reisen waren, dann wurde uns mit auf den Weg gegeben: Gute Reise und ihr braucht euch nicht zu melden – wird schon alles gut gehen. Was passiert kann man eh nicht aufhalten. Die beiden haben schon erlebt wie es ist, alles zu verlieren. Da zeigt man sich unerschrocken. Dass mein Vater vor Angst fast gestorben ist, als ich mit 16 alleine nach Italien gereist bin oder mein Bruder im gleichen Alter mit dem Fahrrad durch Norwegen fuhr, das hat er uns erst viel später verraten.
Vielleicht habe ich immer etwas anderes von meinen Eltern erwartet – Sicherheit, Heimat, Fels in der Brandung – nach Hause kommen und der Braten ist schon im Ofen, der Apfelkuchen duftet. Nun komme ich nach Lanzarote und treffe dort meine Eltern. (Ich lebte damals weit entfernt von Ihnen in Österreich.) Wir feiern gemeinsam den Geburtstag meines Vaters. Sie zeigen mir ihre Lieblingsplätze auf dieser Insel und auf einmal spüre ich einen Zusammenhalt, Gemeinsamkeiten, Familie – Reisende auf Reisen.
Es folgten viele Urlaube in den darauffolgenden Jahren, immer für eine Woche, immer im Winter. Und ich war vom ersten Tag an fasziniert von dieser kleinen Vulkaninsel. Ich liebe es, Neues zu entdecken. Aber auf Lanzarote liebe ich es, immer wieder die gleichen Dinge zu machen. Trotzdem oder gerade deswegen schafft es diese Insel mich in ihrer einfachen Schönheit immer wieder zu überraschen. Und besonders schön war es, wenn wir meine Eltern auf der Insel trafen, weitere Geburtstage dort gemeinsam feierten und gemeinsam immer das gleiche taten.
Lanzarote – Urlaub für die Seele

Immer sind wir im Ort Puerto del Carmen, immer in der Ferienanlage Arena Dorada. Und da wir immer da sind – manchmal zahlt es sich aus, Stammgast zu sein – haben wir bisher auch immer eines der Appartements mit Blick auf das Meer bekommen. Morgens geht die Sonne links über dem Meer auf und am Abend sehen wir die Sonne rechts hinter den Bergen Richtung Fuerteventura untergehen. Ob ich diese Appartementanlage empfehlen kann? Weiß ich nicht. Die Lage ist hervorragend. Aber die Anlage ist alt und einfach und es gibt nur sehr wenige Appartements mit dieser tollen Aussicht.
Unser Tagesablauf auf Lanzarote: Aufstehen – Jogging am Strand – Schwimmen im Meer – einkaufen – ausgiebig frühstücken – jeden Tag. Der weitere Tag beinhalten kleine Variablen: Ausflüge mit dem Auto oder Fahrrad zu den vielen wunderbaren Orten dieser Insel. Zum Sonnenuntergang trifft man sich wieder, meistens im Cafe La Ola.
Lanzarote – Cesar Manrique und Feuerberge
Auf Ausflügen lohnt die Besichtigung der allseits bekannten und in jedem Reiseführer nachzulesenden Sehenswürdigkeiten. Dazu gehört natürlich an erster Stelle die einzigartige Vulkanlandschaft mit den Feuerbergen Timanfaya Nationalpark. Wenn man über die Insel fährt, fällt die Harmonie von Häusern, Pflanzen und dunklem Lavagestein auf. Das ist dem Künstler Cesar Manrique zu verdanken. Durch seine guten Kontakte zu den wichtigen Politikern wurden auf Lanzarote Bettenburgen verhindert. Seine Architektur und Kunst prägen immer noch das gesamte Bild der Insel.


Lanzarote – unsere perfekte Tagestour mit Geheimtipps
Unsere perfekte Tagestour streift bekannte Sehenswürdigkeiten aber schweift immer wieder ab zu besonderen Orten und Restaurants, die meine Eltern entdeckt haben.
Achtung Geheimtipp: Aussichtspunkt an der Ermita de las Nieves

Kurz hinter Los Valles und vor dem Aussichtspunkt Mirador de Haria machen wir den Abstecher nach links über eine schmale Schotterpiste zur Ermita de las Nieves, eine kleine Kapelle einsam über dem Meer mit grandioser Aussicht.
Zurück auf der Hauptstraße führt der kurvenreiche Pass hinunter und durch das Tal der 1000 Palmen. Wir fahren weiter zum nördlichsten Punkt der Insel. Hier steigt die Steilküste hunderte Meter aus dem Meer und ganz oben hat der Künstler Cesar Manrique das Besucherzentrum Mirador del Rio wie eine Wabe in den Felsen gebaut.
Achtung Geheimtipp: Das Mirador del Rio links liegen lassen
Wir folgen der Straße zu Fuß weiter aufwärts um von dort den Blick ganz ohne Gedrängel auf die Steilküste und die vorgelagerte Insel La Graciosa zu genießen.
Von hier aus sehen wir auch schon unser nächstes Ziel: Den Strand Playa de Famara mit dem kleinen Örtchen La Caleta de Famara.

Achtung Geheimtipp: Mittagessen im Restaurant El Risco
Im kleinen Örtchen La Caleta de Famara fährt man auf Sandpisten zum Restaurant El Risco. Hier soll sich schon Cesar Manrique zum Fischessen mit seinen Freunden getroffen haben. Es gibt ausgezeichnete kanarische Küche – am Wochenende oft sehr voll – fast ausschließlich Einheimische. Dazu genießt man die Aussicht auf den riesigen Playa de Famara.

Baden ist hier meist verboten, da die Strömung zu gefährlich ist. Aber Spazieren gehen kann man – den Wind spüren, das Salz schmecken, die Weite genießen, Ruhe finden – Balsam für die Seele
Achtung Geheimtipp: Kaffee und Kuchen in der Bodega Chupadero
Wir durchqueren das Weinanbaugebiet La Geria. Links und rechts der Straße gibt es etliche große Weingüter mit Touristenbussen davor. Die Bodega Chupadero muss man kennen. Man muss wissen wo die kleine Schotterstraße links abzweigt. Dort angekommen lassen wir inmitten der vulkanischen Weinberge den Blick schweifen. Wenn der Wind zu stark bläst setzt man sich einfach hinein an den warmen Kamin. Kuchen und Kaffee oder Wein und Tapas schmecken draußen wie drinnen.
Wenn alles nach Plan verläuft haben wir noch ein wenig Zeit bis zum Sonnenuntergang und wir machen vor meinem letzten Geheimtipp noch einen Abstecher nach Los Hervideros. Hier scheint das Meer unter dem ausgehöhlten Lavagestein zu „brodeln“ Die See ist rau und bei jeder Welle schießt die Gischt durch kleine und große Löcher im Gestein nach oben.

Achtung Geheimtipp: Sonnenuntergang im Restaurante Bogavante
In dem kleinen Fischerort Casas de el Golfo reiht sich ein Restaurant an das andere. Dort gehen wir in das Restaurante Bogavante. In diesem Lokal haben meine Eltern schon vor über 40 Jahren während ihres ersten Besuchs auf Lanzarote den Sonnenuntergang genossen. Es gibt bestimmt bessere Lokale am Ort. Aber hier sitzt man dem Meer am nächsten. Hier geht die Sonne am schönsten unter.
Im Dunklen geht es zurück nach Puerto del Carmen. Am nächsten Morgen jogge ich wieder und schaue auf die Sonne, die Wolken und die Berge. Wunderbar.
Lanzarote – Teil meiner Familiengeschichte
Nun steht der 80. Geburtstag meines Vaters vor der Tür. In den letzten zehn Jahren ist viel passiert. Mittlerweile wohne ich wieder in der Nähe meiner Eltern. Nach Lanzarote fahren wir nicht mehr. Mein Vater möchte nicht mehr fliegen und wir haben Bobby, der auch nicht fliegen will. Aber wir machen gemeinsam kleine Ausflüge. Meine Eltern kennen auch den Harz wie ihre Westentasche – inklusive Geheimtipps. Lanzarote hat unserer Familie gut getan. Lanzarote ist ein wunderbarer Teil unserer Familiengeschichte geworden. Das Alter hat meine Eltern gezwungen anzukommen und so etwas wir Heimat zu finden. Sie lieben meine Reisegeschichten aber meinen Blog lesen sie nicht. Dem Zeitalter Computer wollten sie sich nicht mehr stellen. Sie sagen immer: Wir hören die Geschichten lieber aus erster Hand.
Ich wünsche Dir, lieber Vater, einen wunderbaren 80. Geburtstag – wenn auch nicht auf Lanzarote – aber im Kreise unserer Familie – unsere Heimat. Ich bin glücklich ein Teil davon zu sein. Danke dafür!
So ein toller Blogbeitrag! So persönlich, so informativ, so schön bebildert. Ich habe ihn mit großer Freude gelesen.
VG Silvana
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Das freut mich Silvana! Diese Insel liegt mir echt am Herzen. Liebe Grüße von Andrea
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Ich schließe mich Silvana an und ergänze: Ganz nebenbei auch eine wunderbare Liebeserklärung an den Herrn Papa. Vielleicht guckt er ja doch einmal in den Blog oder lässt sich diesen Beitrag zur Feier des Tages vorlesen?
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Danke liebe Kraulquappe! Ich habe für meinen Vater aus dem Artikel ein Foto Buch gemacht und war recht aufgeregt, ob er sich dazu äußert und wie er es findet – ich glaube, ich habe ins Schwarze getroffen – ein schönes Gefühl 😊
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Feiner informativer Beitrag.
Vielen Dank
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Danke und sehr gerne!
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Liebe Andrea,
so ein schöner Blogbeitrag und dabei so informativ. Auf Lanzarote waren wir noch nie, aber wir wollen mal hin und haben durch diesen Beitrag richtig Lust darauf bekommen. Deine Eltern verstehe ich gut, ich kann mir mehrere Wochen auf den Kanaren auch gut vorstellen. Auf Teneriffa habe ich schon sehr viel gesehen und erlebt (findest du alles, wenn du magst, in meinen Beiträgen – SUCHE). Die angenehmen Temperaturen sind einfach sehr angenehm. Dass du ein Buch aus deinem Beitrag gemacht hast, finde ich klasse. Meine Eltern leben beide nicht mehr, aber ich bin schon früher viel gereist und da zeigte man den Eltern anschließend Fotos und erzählte dazu. Na ja, heute ist alles anders, aber ein Fotobuch ist immer noch eine tolle Sache, wenn man jemand eine schöne Erinnerung schenken will.
Liebe Grüße, Sigrid
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Danke liebe Sigrid! Das freut mich, dass dir mein Beitrag Lust auf Lanzarote macht. Einige sagen, dass die Vulkanlandschaft öde sei. Finde ich überhaupt nicht. Wetter und Wolken zaubern ein ständig wechselndes Farbenspiel. Habe auch gerade in deine Teneriffa-Beiträge reingeschaut, sehr schöne Artikel! Teneriffa ist landschaftlich bestimmt abwechslungsreicher. Ich denke, jede der Kanarischen Inseln hat seinen ganz eigenen Reiz. Auch La Palma muss toll sein. Da Flugreisen aber zu Zeit nicht für uns in Frage kommen, werde ich mich mit schönen Blogartikeln darüber begnügen müssen 🙂
Liebe Grüße von Andrea
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Danke für deinen ausführlichen Kommentar. Ja schade, dass ihr zur Zeit nicht fliegen könnt, obwohl ein Hund ja eigentlich heutzutage auch kein Hinderungsgrund mehr ist. Ich bin ja eine Katzennärrin, habe mir aber keine mehr angeschafft nachdem mein Kater Paul mit gesegneten 19 Jahren verstorben ist. Genau aus dem Grund. Wir wollen – jetzt gerade im Alter – ganz unabhängig sein und schnell mal verreisen können. LG von Sigrid
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Hallo Andrea!
Ein wunderschöner Artikel, der mich gerade aus persönlichen Gründen sehr bewegt. Ich wünschte, auch noch so eine gemeinsame Erinnerung mit meinem Vater teilen zu können.
Deine Eltern bewundere ich jedenfalls für ihre Gelassenheit bzw. dass sie euch Kinder trotz ihrer Ängste ziehen lassen konnten.
Stelle ich mir sehr schwierig vor. Ich glaub‘, ich würde durchdrehen, wenn meine Tochter in zwei Jahren auf die Idee, alleine in Urlaub zu fahren, käme!
Liebe Grüße und feiert noch schön!
Carolin
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Liebe Carolin, danke für deinen Kommentar, der mich ebenso sehr bewegt. Ich wünsche dir für deine derzeitige familiäre Situation viel Kraft. Schön, was du über meine Eltern schreibst. Ich habe ja keine Kinder, glaube aber, dass ich bei Weitem nicht so gelassen wäre. Herzliche Grüße von Andrea
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Du machst ja spannende Sachen – und bis eine Kollegin! Ich kenne dich ja noch aus Reisefeder-Zeiten, meinem alten Blog. Jetzt mache ich einen neuen Blog, vielleicht magst du ja auch mal bei mir vorbeischauen? Würde mich total freuen! Schönen 3. Advent
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Hallo Andrea,
gefällt mir gut, dein neuer Blog. Werde auf jeden Fall noch intensiver stöbern. Für Reisefeder schreibst du aber auch noch, oder nicht? Dir auch noch einen schönen 3. Advent 😊
Viele Grüße (auch😉) von Andrea
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Liebe Andrea, nee, bei Reisefeder bin ich jetzt raus. Hab ich zwar mitgegründet, aber irgendwann muss man seine Kinder auch mal laufen lassen. Hier bin jetzt nur noch ich – und das ist auch irgendwie toll. Und sehr spannend!
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Ein sehr schöner Bericht! Wir waren schon sehr oft auf Lanzarote und haben uns dort auch immer sehr wohl gefühlt. Sehr lustig, dass wir die gleichen geheim Tipps besucht haben ☺. Vielen Dank für deinen Bericht, er hat uns an sehr schöne Urlaube erinnert. LG und ein schönes Weihnachtsfest von Jule und ihren Dosenöffnern
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Danke ihr drei! Da haben wir wohl die gleichen Vorlieben auf Reisen – was mich allerdings auch nicht wirklich wundert 😉Ich wünsche euch ebenfalls ein schönes Weihnachtsfest!
Liebe Grüße von Andrea
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Hallo,
bin zufällig auf deine Seite gestoßen und bei diesem Artikel hängengeblieben. Jetzt habe ich Lust auf Urlaub 🙂 Toller Artikel und die Bilder sind der Hammer. Da wünscht man sich nur noch einfach dort zu sein. Danke und LG Claudia
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Hallo Claudia, vielen Dank! Freut mich, dass dir der Artikel gefällt. Die Landschaft auf Lanzarote macht es einem einfach, schöne Fotos zu machen. 😉 Liebe Grüße von Andrea
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Wunderschöne Einblicke in die Welt von Lanrarote
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Danke für die vielen Geheimtipps. Werden alle davon anpeilen 🙂 Super Blogpost
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Vielen Dank! Das freut mich sehr. Ich hoffe, dass dir die Orte genauso gut gefallen wie mir 😊
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Irgendwie sind mir gerade beim Lesen des Posts die Tränen gekommen, ein wenig, weil es die Vergänglichkeit zeigt, ein wenig auch, weil Lanzarote auch „meine“ Insel ist und nächstes Jahr dort unsere Hochzeit gefeiert wird, so Gott es will mit meinem Vater gemeinsam, der mir auch das Reisen (und dabei auch Dinge abseits der ausgetretenen Pfade zu sehen) nahegebracht hat. Das hab ich so richtig auch erst mit 30 kapiert und bin ihm dankbar für diese Erfahrungen! Ich wünsche euch viel Gesundheit
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Liebe Kristina, dein Kommentar berührt mich wirklich, vielen Dank dafür! Da habt ihr euch einen wunderbaren Ort für eure Hochzeit ausgesucht! Lanzarote hat eine ganz einzigartige Ausstrahlung, finde ich. Ich wünsche dir und deiner Familie alles Gute und vor allem Gesundheit! Liebe Grüße von Andrea
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