Sonne und Temperaturen um den Gefrierpunkt – das verspracht die Wettervorhersage für die nächsten Tage im Harz. Zudem gab es nach dem heftigen Wintereinbruch Mitte Januar keinen Neuschnee mehr. Ab nächster Woche soll Tauwetter einsetzen. Es ist Wochentags. Dies sollten die perfekten Parameter für ein Vorhaben sein, das mir seit einiger Zeit durch den Kopf spukt: eine Besteigung des höchsten Berges Norddeutschlands im Schnee.
Wintersportparadies Harz?
Schnee im niedersächsischen Flachland ist eine seltene, wie spektakuläre und zuweilen nervenaufreibende bis lebensgefährliche Angelegenheit. Ich erinnere mich an diverse „Katastrophenwinter“ mit mehreren Zentimetern Schneefall. Auf den Straßen geht dann nichts mehr. Der Schienenverkehr liegt lahm und als Fußgänger kann man sich ohne Spikes auf spiegelglatten Wegen kaum fortbewegen. Seitdem ich als Kind mit meiner Familie von Bayern nach Niedersachsen gezogen bin, wundern wir uns wie so wenig Schnee für so viel Aufregung sorgen kann. Schon bevor es anfängt zu schneien, wird die Katastrophe herbei geredet, die punktgenau mit der ersten Schneeflocke eintrifft.
Und dann kam der Schnee. Und es hörte nicht auf zu schneien. Endlich Wintersportsaison im Harz und das Spektakel begann: Verkehrschaos, nicht geräumte Parkplätze und Fußwege, Menschenmassen an ausgewiesenen Wintersportstätten, Wanderwege versunken im Tiefschnee. Nach zwei gescheiterten Versuchen einer Winterwanderung verfolgte ich das Geschehen nur noch im Netz und in der Zeitung: Autos blockieren Rettungswege, alle Zufahrtsstraßen dicht, Feuerwehr rettet Familie mit „Schleifkorbtrage“ aus dem Tiefschnee, tausende von Menschen wie auf einem „Happening“ am Ski- und Rodelhang bei Torfhaus, etc.
Brocken mit Sonne und Schnee – here we are!
Ich hatte mein Vorhaben Brockenbesteigung im Schnee schon fast aufgegeben, als ich die oben erwähnte Wetterprognose sah. Das könnte für diese Saison die eine letzte Chance auf Winterwonderland am Brocken sein. Ich beschließe, das Abenteuer zu wagen. Am Vorabend hatte ich noch schnell Bobbys Lodenmantel (im Angebot ein paar Nummern zu groß gekauft) enger genäht. Auf dem Brocken zieht es schon im Sommer heftig, da benötigen Zwei- und Vierbeiner einen guten Wetterschutz. Brocken – here we are!

Winterwonderland am Brocken
Startpunkt unserer Tour ist Oderbrück. Um 10:00 Uhr erwische ich dort den letzten Parkplatz. Von hier aus geht es in etwa sieben Kilometern Wegstrecke auf den 1141 m hohen Brocken. Auf dem Kaiserweg durch urwüchsigen Wald entlang eines Bachlaufes begleiten uns Wandergruppen und Skilangläufer. Am dreieckigen Pfahl, einem ehemaligen Grenzstein und Stempelstelle genieße ich die strahlende Sonne.
Weiter geht es in Richtung Schienen der Harzer Schmalspurbahn. Die ganze Zeit über höre ich schon das Stöhnen und Tuten der Dampflock in der Ferne. Der Weg wird etwas steiler und nach etwa 1 ½ Stunden erreiche ich die Gleise. Und schon kommt sie angeschnauft. Herrlich, genau so hatte ich mir das vorgestellt!
Wir folgen dem Goetheweg entlang der Gleise und bald haben wir den ersten Blick auf den Brocken. Schon kommt die Bahn wieder von oben herab gefahren und Bobby ist erneut recht beeindruckt von diesem riesigen dampfendem und stöhnendem Ungetüm. Die ganze Tour ist eine Herausforderung für ihn, da er brav bei mir gehen muss und nicht in den Tiefschnee abtauchen darf. Ich möchte ungeliebte Schneekugeln an seinen Pfoten und einen nachfolgenden Gehstreik von Bobby weitestgehend verhindern und eine Erkältung sowieso.
Der Brocken – lost in space
Bald biegen wir ab auf die Brockenstraße. Hier treffen nun alle Wege zusammen und es gibt wohl keinen Tag ohne Völkerwanderung auf den Brocken, so auch heute. Es wird kälter und ein eisiger Wind weht uns nach der nächsten Biegung um die Ohren. Wir befinden uns an der Endstation der Brockenbahn, die gerade eine Ladung Menschen ausspuckt.

Ich fühle mich verloren und bin gleichzeitig fasziniert. Der Brockengipfel ist so unnatürlich weitläufig. Ich weiß nicht wohin mit mir. Wir stolpern ein wenig über die eisige Kuppel das Brockenplateaus .

Zwischen Garagen und aufgetürmten Schneehaufen finde ich ein windstilles Plätzchen für Bobby und mich. Dort teilen wir uns einen Joghurt, er bekommt noch etwas Hundewurst und ich ein Stück Schokolade.

Unsere weiteren Erkundungen ergeben: Das Restaurant ist geschlossen und das Brockenmuseum für Hunde verboten. Im Souvenirgeschäft können wir uns ein wenig aufwärmen. Dann stempelt der nette Herr am Verkaufsstand noch einen Sonderstempel der Harzer Wandernadel in Bobbys Stempelbuch und gibt uns den Hinweis, dass die Bahnhofsgaststätte geöffnet sei. Von der berühmten Erbsensuppe am Brocken hatte ich schon viel gehört. In dem kleinen kantinenähnlichen Gastraum ist es, wie nicht anders erwartet, rappelvoll. Ich erspähe einen freien Stuhl und steuere darauf zu. Im gleichen Moment schießt ein kleiner Terrier wild kläffend unter dem Tisch hervor. Nun ja, da ist dann für Bobby und mich doch kein Platz mehr. Draußen gibt es auch die Möglichkeit, Erbsensuppe und Schierker Feuerstein an einem Stand zu erwerben. Die eisige Kälte und der über allem hängende Geruch nach Brühwurst läßt mich aber davon Abstand nehmen. Wir treten den Rückzug an.



Der Brocken – wenn der Berg ruft
Der Rückweg ist kalt und anstrengend. Mittlerweile sind so viele Wanderer, Kinder mit Schlitten, Langläufer und Skischuhgeher, Hunde an der Leine und im Freilauf unterwegs, dass Bobby zunehmend gestresst ist und ich auch. Die Wege sind durch die Sonneneinstrahlung richtig eisig geworden und es geht teilweise steil bergab. Man kann sich vorstellen welche Freude das ist, wenn der Hund plötzlich in die Leine springt. Dann verlassen wir die Gleise der Schmalspurbahn und spätestens nach der Abzweigung zum Torfhaus, wird es ruhiger. Nur noch von wenigen Wanderern und Langläufern begleitet, vertragen auch Bobby und ich uns auf die letzten Kilometer wieder etwas besser.

Brocken im Winter – Yes, we did! Fünf Stunden später kommen wir erschöpft und glücklich wieder am Auto an. Die insgesamt knapp 15 Kilometer kann man bestimmt schneller bewältigen. Dieser Gipfel ist zweifelsfrei etwas besonderes. Es geht eine gewisse Faszination von diesem Ort aus. Aber oben angekommen fühlte ich mich wie schon bei der letzten Brockenbesteigung merkwürdig verloren. So habe ich auf dem Rückweg schon den nächsten Plan geschmiedet: Eine Übernachtung im Brockenhotel. Ich möchte diesen Gipfel einmal für mich alleine haben! Wenn der Brocken ruft…
Zum Nachwandern: Winterwanderung auf den Brocken
Der Weg von Oderbrück auf den Brocken ist sehr gut ausgeschildert. Unter anderem auf bergfex.de gibt es eine Wegbeschreibung.
Hier geht es zu meiner ersten Brockenbesteigung: Schierke – das St. Moritz des Nordens mit Brocken.

Ihr beiden Gipfelhelden, erstmal meinen Glückwunsch!
Tolle Tour, tolles Wetter und ohne Freilauf unzerstritten beim Auto anzukommen – was will man mehr! Wie schaffst du das, ihn bei so einer langen Tour so nah bei dir zu führen?
Aber eine kleine Rüge kann ich mir nun doch nicht verkneifen: 1 Joghurt??? Und dann auch noch geteilt??? Das ist doch keine Wandererkost im Winter (da nimm dir mal ein Beispiel an Pippa und mir: Windbeutelgräfin nach nur 1,5 Std Gehzeit!)!
Wo waren die Stullen, der Kuchen, die Thermoskanne? Oder hattet ihr felsenfest auf die Erbsensuppe im Lokal gesetzt? Gab es dann wenigstens daheim noch was Warmes?
Eine letzte Frage hätt‘ ich noch: hat Bobby ein Eisbärtchen oder ist das frozen yoghurt? Und noch eine: Wieso um alles in der Welt lässt sich Bobby von einem popligen kleinen Terrier in die Flucht schlagen ;-)?
Liebe Grüße aus deiner alten Heimat,
die Kraulquappe und das Dackelmädchen.
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Danke liebe Kraulquappe, du hast die wahre Heldentat unserer Wanderung erkannt: ohne Kaffee, ohne Windbeutel und ganz ohne Freilauf für Bobby auf 1141 Meter! Ich habe tatsächlich fest auf die Erbsensuppe (für mich) mit Wursteinlage (für Bobby) gesetzt. Und den Joghurt hatte ich dabei, damit ich Bobby das Wasser schmackhafter machen kann. Er trinkt nämlich nie, wenn er so aufgeregt ist. Und Schnee soll er ja auch nicht fressen (die Folgen musste Pippa ja leidvoll erfahren. Ich hoffe, der Dackeldame geht es wieder besser?!), Vielleicht lag es an dem merkwürdigen frozen- yoghurt-Bart, dass der Terrier sich so echauffiert hat?! Alles in allem hätte es besser laufen können muss ich einräumen… Liebe Grüße ins schöne Bayern von Andrea und Bobby
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Nein, nicht zu fassen!!!
Unsere beiden wären wirklich das perfekte Paar: ich muss Pippa nämlich in manchen Situationen auch mit einem Klecks Joghurt/Quark/Hüttenkäse das Trinken schmackhaft machen. Daher also euer Joghurt!
Ja, der Dackeldame geht es wieder gut – siehe heutiger Blogeintrag. Es war wohl einfach zu eisig kalt, plus Schnee gefressen, plus kleiner Riss im Ballen, plus nix vom Windbeutel abbekommen…
Liebe Grüße an euch 3!
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Wow toll.
Leider wirds bei uns erst Sonntag was mit dem Harz und dann auch nicht der Brocken. Wir haben die letzten Wochen etwas gekränkelt und müssen es daher langsam angehen lassen.
Das Phänomen des „Schneeflocken-Armageddon“ kenne ich auch und obwohl ich auch eher aus einer schneearmen gegend komme, linker unterer Niederrhein bin ich auch immer verwundert, verärgert, amüsiert was so eine Schneeflocke, wie Du richtig sagt auch schon im Vorfeld, anrichten kann.
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Viel Spaß am Sonntag im Harz! Und das Chaos ist glaube ich überstanden, die Straßen sind mittlerweile (weitestgehend😉) geräumt. Voll wird es aber bestimmt, denn ab nächster Woche soll Tauwetter einsetzen. Liebe Grüße von Andrea
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So schöne Fotos hast du von eurer Tour mitgebracht. Herrlich! Dass du bei so vielen Leuten Stress bekommst, kann ich verstehen. Ich mag das auch nicht und bin lieber alleine unterwegs. Cabo nimmt das mittlerweile recht gelassen bin. Sollte ich mir ein Beispiel dran nehmen. Und auf die Suppe in dem vollen Laden hätte ich auch verzichtet. 😉
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Danke liebe Silvana, die Tour war zwar anstrengend aber wirklich schön. Jetzt freue ich mich aber langsam wieder auf den Sommer 😉 Bis bald und liebe Grüße!
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Puh, da kommt heftiger Neid auf. Wie gerne würde ich im Winter einmal auf dem Brocken stehen. Allerdings diesen Trubel dort oben, den brauche ich ebenfalls nicht und essen konnte ich oben auch nicht!
Irgendwann werde ich aber Harz im Winter sehen, hoffe ich. Die Bilder sind soooo schön!!!
Ich schicke Dir einen lieben Gruß von Spike und Elke
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Danke dir liebe Elke für dein Kompliment für die Fotos! Ich meide den Brocken ja normalerweise auch wegen der Menschenmassen. Aber dieser Gipfel ist auf seine Art echt faszinierend. Und ich wollte unbedingt noch einmal Winterwonderland 😀 Liebe Grüße an euch Zwei!
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Das kann ich sooooo gut verstehen und würde ich so nahe wohnen, ich würde das ebenfalls getan haben 😉
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So eine Winterwanderung würde mich auch locken, wohnte ich nicht so weit weg. Danke fürs Mitnehmen.
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Die Bedingungen für die Wanderung waren wirklich optimal. Freue mich, dass du dabei warst 😉
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Ach, das wollte ich auch noch machen dieses Jahr, aber irgendwie schaffe ich es gerade nicht in den Harz und nun fürchte ich, dass der Schnee eher schmilzt, als dass ich da bin. Deswegen freue ich mich umso mehr, dass du mich virtuell mitgenommen hast
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Im Winter auf den Brocken wandern ist ein Traum!! Auf unserer Tour sind wir von Schierke bis zur Steinernen Renne teilweie mit Schneeschuhen gewandert https://www.harz-abenteuer-wandern.de/winterwanderung-ostharz-schierke/ . Von dort aus haben wir dann die letzte Bahn auf den Brocken genommen. Es wehte ein eisiger Wind und der Brocken war komplett leer. Ich kann diese Tour nur empfehlen!!!
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Hallo Gerhard, die Region um Schierke, Leistenklippen und Steinerne Renne, die du in deinem Bericht beschreibst, gehört zu meinen absoluten Lieblingsgegenden im Harz. Wir sind einmal über die Steinerne Renne und Höllenstieg auf den Brocken gewandert. Ebenfalls eine tolle Route. Schneeschuhwandern würde mich auch mal reizen. Bobby kann es bloß überhaupt nicht leiden, wenn ihm Schneeklumpen an seinen Pfoten hängen und Schuhe will er auch nicht anziehen. Deswegen habe ich das noch nie gemacht. Aber irgendwann werde ich das auf jeden Fall mal ausprobieren.
Danke für deinen Wandertipp und viele Grüße von Andrea
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Dort wo man mit den Schneeschuhen wandern kann ist Bobby nicht zusehen… 🙂
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