Fast schon hochsommerlich präsentierte sich das Wetter, als wir am Himmelfahrtstag mit Sack und Pack und unserem neuen Dachzelt am Campingplatz Humboldtsee im Weserbergland ankamen. „Da finden wir bestimmt noch was für Sie,“ sagte der Herr an der Rezeption und wir blickten gemeinsam auf den Plan mit den vielen kleinen Nummern und Kästchen. „Wir dürfen nur zur Hälfte belegen. Aber wenn Sie kein Strom und kein Wasser benötigen, dann habe ich da hinten am Waldrand auf der Wiese noch etwas frei.“ Nach zwei Monaten, die ich fast ausschließlich zu Hause und mit meiner Familie verbracht hatte, erschien mir das, was hier um mich herum los war, fast unwirklich. Vor uns lag ein glitzernder See, auf dem bunte Ruderboote schaukelten, Menschen saßen auf der Terrasse und tranken Kaffee, Kinder liefen fröhlich mit einem Eis in der Hand über die Wiesen. Ganz kurz kamen mir Zweifel, ob das alles so richtig ist, angesichts der immer noch bestehenden Gefahr durch die Corona Pandemie. Aber alles war so lebendig und unbeschwert. Wie ausgedürstet sog ich diese Stimmung in mich auf und merkte erst in diesem Moment, wie sehr ich solche Eindrücke in der letzten Zeit vermisst hatte.
Endlich los!
Als wir uns vor fast drei Monaten ein Dachzelt kauften, hatten wir andere Pläne. Eigentlich wären wir im Mai nach Wales gereist. Im Süden und Norden des Landes hatten wir jeweils für eine Woche ein Ferienhaus gebucht. Für die An- und Abreise wollten wir uns Zeit lassen und mit dem Dachzelt spontan dort übernachten, wo es uns gefällt. In meinen kühnsten Träumen hätte ich mir nicht vorstellen können, was dann alles passierte. Und auch wenn ich während des Lockdowns davon überzeugt war, dass es doch wirklich nicht so schlimm sei, mal eine Zeit lang auf das Reisen zu verzichten, und dass es auch genug Schönes vor der eigenen Haustür zu entdecken gäbe, veranstaltetet ich doch einen Freudentanz, als es hieß: Es darf wieder gereist werden! Pünktlich zum Himmelfahrtsfeiertag öffneten letzte Woche dann die Campingplätze in vielen Bundesländern und nun war der Zeitpunkt gekommen, endlich unser neues Dachzelt auszutesten.
Ith und Hils: Entdeckung (fast) vor der Haustür
Die Region rund um den Höhenzug Ith im östlichen Weserbergland ist keine hundert Kilometer von uns zu Hause entfernt und dennoch hat es uns noch nie in diese Gegend verschlagen. Das reichte uns als Indiz dafür, dass es dort bestimmt nicht so überlaufen sein kann, denn ich las in den Nachrichten, dass andernorts bereits viele Campingplätze aus allen Nähten platzten. Und wir lagen richtig. Auf dem Campingplatz selbst war zwar jede Menge los (ich will gar nicht wissen, wie es da zugeht, wenn 100 % belegt sind) aber rundherum gab es kaum etwas, dass die Ruhe und Beschaulichkeit hätte stören können. Keine Stadt. Keine Autobahn. Keinen Internetempfang.
Über den Kamm des kleinen Gebirgszuges führt der Ith Hils Weg, ein etwa 80 Kilometer langer Rundwanderweg. Immer wieder sind wir während unserer zwei kleinen Wanderungen an diesem Wochenende auf diesen Fernwanderweg gestoßen. Besonders beeindruckt waren wir von den vielen Klippen, die mitten im Wald spektakulär und teilweise fast senkrecht abbrechen. Von unseren bayerischen Nachbarn auf dem Campingplatz erfuhren wir, dass der Ith und die ganze Gegend hier über die (niedersächsischen) Grenzen hinaus als kleines Kletterparadies bekannt sind. Wow, was für eine Entdeckung, fast vor unserer Haustür.
Dachzeltpremiere und Campingplatzidylle
Das Dachzelt hat sich bewährt. Kein langwieriges Aufbauen. Keine unbequemen Luftmatratzen. Einfach ankommen. Aufklappen. Schlafen. Das ist tatsächlich möglich, was wir aber natürlich nicht gemacht haben. Die Abende sind mittlerweile lang und auf dem Campingplatz gab es viel zu sehen. Die Wiese, auf der wir standen, wurde von Kindern zum Federball spielen genutzt und zur Hundebeschäftigung, wie z.B. Bällchen apportieren. Ich kam aus dem Staunen nicht heraus, wie gelassen Bobby all das hinnahm. Einmal landete ein Ball dicht bei uns. Kurz darauf kam ein Labrador hinterhergeflogen. Das war Bobby dann doch zu viel. Er bäumte sich kurz auf und bellte mit seiner tiefsten Stimme. Der Labrador machte eine Vollbremsung. Er verharrte und sein Dilemma war ihm deutlich anzusehen. Nur wenige Meter trennten ihn von seinem geliebten Ball. Bobby setzte noch einen Wuff hinterher und der Labrador trat mit gesenktem Kopf den Rückzug an. Kurze Zeit später kam Frauchen um die Ecke, um den Ball zu holen. „Ach, hier ist ja noch ein Hund!“ Wir haben uns alle köstlich amüsiert und ich bin so stolz auf Bobby, dass er mittlerweile so unauffällig sein kann, dass er glatt übersehen wird. Es sei denn, ein anderer Hund hält die Abstandsregeln nicht ein 😉.
Dachzelt mit Hund – Trennung für eine Nacht
Als es dann dunkel wurde, stiegen wir in unsere gemütliche Koje oben auf dem Dach. Und jetzt kommt der Wermutstropfen am Dachzelten mit Hund: Bobby kann nicht mit rein. Wolfgang hatte tatsächlich überlegt, ob er ihn hochträgt. Aber ich erinnerte ihn an seinen letzten Bandscheibenvorfall als er meinte, vom Hochparterre aus dem Fenster springen zu können (keine Sorge, das Ganze stand ganz harmlos im Zusammenhang mit einer Fensterreparatur). So richteten wir Bobby sein Bettchen mit dicker Matratze im Kofferraum ein, wo er während der Fahrt eigentlich immer gut entspannt. Ich schlief unruhig und irgendwann musste ich zur Toilette. Ich öffnete möglichst unauffällig die Autotür und sah Bobby friedlich schlafen. Erst nach ein paar Sekunden hob er den Kopf und sah mich fragend an. Er schien die Trennung für eine Nacht besser zu verkraften als ich. Mit dieser Gewissheit schlief ich dann tief und fest bis zum nächsten Morgen.

Die Tücken des (Dach-) zeltens
Am zweiten Tag unserer kleinen Reise zeigte sich das Wetter unbeständig. Während der Morgenrunde am nahegelegenen Bruchsee, der wie auch der Humboldtsee von dem ehemaligen Braunkohleabbau in diesem Gebiet übriggeblieben ist und renaturiert wurde, konnte man die Sonne hinter den Wolken immer noch erahnen. Der Bruchsee schimmerte in den tollsten Grüntönen und wir waren wie bezaubert von der Stimmung.
Über den Tag hinweg regnete es immer wieder und Wolfgang sprach von frühzeitiger Abreise. Das kam für mich nicht in Frage. Ich wollte unbedingt am Abend noch das geplante Gemüsecurry in unserer kleinen Campingküche kochen. Und es kam, wie es kommen musste. Ich war fast fertig mit kochen, da fing es an zu regnen. Was jetzt? Mit den Tellern in der Hand die Leiter zum Dachzelt hochbalancieren? Lieber nicht. Bobby hatte sich schon bei den ersten Tropfen in seine Kuschelecke im Kofferraum des Autos zurückgezogen. Also quetschen wir uns einfach dazu. Nach dem Essen verkrochen wir uns ins Dachzelt und hörten den Regentropfen zu, während sich draußen das Geschirr von selbst abwusch.
Erstes Fazit: Reisen mit Dachzelt und Hund
Wir haben nicht vor, mit dem Dachzelt ganze Urlaube zu verbringen. Es soll uns einfach ein wenig mehr Flexibilität auf Reisen ermöglichen. Gerade mit Hund ist es oft schwierig, kurzfristig eine Übernachtungsmöglichkeit zu finden oder einfach mal spontan irgendwo zu bleiben und in den jetzigen Zeiten mit den ganzen Reiseeinschränkungen sowieso. Unsere ersten zwei Nächte auf dem Campingplatz waren auf jeden Fall schon mal ein gelungener Anfang. Im nächsten Schritt werden wir dann auch mal das „Freistehen“ wagen. Bobby scheint kein Problem damit zu haben, alleine im Auto zu schlafen. Für Regen brauchen wir noch eine Lösung. Es gibt zwar auch Markisen für Dachzelte, aber das wäre uns irgendwie schon wieder zu viel „Camping“. Vielleicht tut es auch ein einfaches Wurfzelt oder ein großer Regenschirm 😉 ?! Ich werde berichten … Bis bald und bleibt gesund!
Ne schöne Sache, so ein Dachzelt. Ein alltagstaugliches kleines WoMo für ne kurz entschlossene Mehrtagestour schwebt uns auch vor. Und Corona macht es möglich – man entdeckt die nähere Umgebung wieder. Schöne Gegend, in der Ihr da unterwegs wart.
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Ja, wir haben auch viel hin- und her überlegt und einiges ausprobiert. Wir wollten einfach nicht noch ein zusätzliches Auto kaufen, deswegen erst mal diese Variante. Aber wenn es regnet ist man mit einem kleinen WoMo oder Bus auf jeden Fall im Vorteil 🙂
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Da hast Du Recht, dann hätten wir das vielleicht auch so wie Ihr gemacht. Bei uns wird wohl in Kürze ein neues Auto fällig sein. Und da gibts Hochdach-Kombis, nicht größer als ein normaler Kombi, also „Hundefänger“ 😉 mit Ausbausatz. Die sind bezahlbar und auch als Alltagsfahrzeug nutzbar.
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Möglicherweise geht es bei uns auch mal in diese Richtung, wenn ein neues Auto fällig wird. Aber das Zeltfeeling hat auch was. Und von da oben vom Dachzelt hat man auch noch mal ganz neue Perspektiven zum fotografieren 😉 Hat alles seine Vor- und Nachteile …
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Unser Charly ist im Weserbergland geboren, dann konnte er in Thüringen seine Welpenphase ausleben und ist nun an der Ostsee gelandet. Wir haben die tourifreie (sorry 😁) Zeit genossen und Wandern in der neuen Heimat als Hobby entdeckt. So erkunden wir nun zu Fuß die Küsten und hoffen, dass es im nächsten Jahr mit Frankreich klappt.
LG Anja und Charly 🙋🏻♀️🐶
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Oh, das gönne ich euch von Herzen, dass ihr die tourifreie Zeit genossen habt. Ich hätte es genauso gemacht 🙂 Liebe Grüße von Andrea und Bobby
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Interessant! Der Hund passt aber sicher auch noch mit ins Dachzelt;-).
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Ja, passen auf jeden Fall, aber wie hochkommen??? 😉
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Sehr interessant erzählt und dass es Dachzelte gibt, kannte ich bis jetzt nur aus Beschreibungen von Touren aus Afrika. Aber ist auf jeden Fall eine gute Idee für Hundebesitzer. Für mich wäre das nichts, weil rauf- und runterklettern um auf die Toilette zu gehen, womöglich bei Regen, würde mich nerven. Trotzdem ist so ein Zelt sicher was für jüngere Leute 👍
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Ja, Dachzelte erleben gerade einen kleinen Boom. In Afrika machen sie natürlich noch mehr Sinn, da man oben auf dem Dach vor wilden Tieren geschützt ist. Aber sie sind einfach auch unglaublich praktisch. Ohne viel Aufwand kann man mit jedem PKW auf Stellplätzen oder Campingplätzen (oder auch irgendwo) übernachten, „Wohnmobil light“ sozusagen. Für uns ist das ideal für einen spontane Wochenendausflug und so Sachen. Für längere Aufenthalte und Urlaube wäre es uns auch zu unbequem … wir sind ja auch nicht mehr die Jüngsten 😉 Liebe Grüße von Andrea
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Ja, das kann ich mir sehr gut vorstellen und finde ich super. Hätte ich früher auch gemacht, denn da sind wir viel unterwegs gewesen in Italien und haben oft eine Unterkunft suchen müssen – damals in den 70er Jahren. Da war Tourismus, aber nicht der von heute. Jetzt wieder – weil keine Touris nach Italien fahren – jetzt würde man überall günstig unterkommen, aber zur Zeit will ich das nicht. In Italien irgendwo vom Virus befallen zu werden und dann da irgendwo in ein Hospital zu müssen – nö, kein schöner Gedanke. Wir wandern zur Zeit sehr viel, fahren viel Rad und machen Ausflüge. Ohne Übernachtung, aber eine Ferienwohnung wollen wir noch buchen in D – irgendwo. Vielleicht Schwarzwald Richtung Bodensee. LG Sigrid P.S. Bretagne ist zur Zeit auch zu weit. 😦
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