Es ist nur einer von 222. Nichts besonderes, dachte ich als ich vor 2 ½ Jahren auf einer Wanderung im Harz den ersten Stempel ins Heft drückte. Das Sammeln der Stempel der Harzer Wandernadel sollte das kleine Abenteuer vor der Haustür sein – der Lückenfüller für die Zeiten zwischen den echten und aufregenden Reisen und Wanderungen fernab des Harzes. Es wurde viel mehr. Und nun gab es nur noch eine freie Stelle im Stempelheft. Der letzte von 222 Stempeln der Harzer Wandernadel fehlte noch. Mein Hund Bobby und ich standen kurz davor, Harzer Wanderkaiser zu werden.

Der höchste Gipfel des Westharzes: Kaiserrunde zur Lageswarte
Wir saßen im Auto. Draußen regnete es und durch den Nebel sahen wir das graue Wasser des Innerstestausees. Die Wettervorhersage hatte etwas anderes vorhergesagt. Über zwei Jahre sind wir nun kreuz und quer durch den Harz gewandert. Am Anfang hatten wir die Stempel der Harzer Wandernadel mehr beiläufig mitgenommen. Im letzten halben Jahr hatte mich der Ehrgeiz gepackt. Für die Erwanderung aller 222 Stempel erhält man die Auszeichnung Harzer Wanderkaiser. Um dieses Ziel noch vor Jahresende zu erreichen, bin ich fast jede freie Minute in den Harz gefahren. I, Herbst buchten wir uns sogar für ein paar Tage in den Südharz ein. Wir haben in dieser Zeit wunderschöne und überraschende Orte im Harz entdeckt. Ein paar stinklangweilige waren auch dabei. Aber gelohnt hat es sich immer.

An diesem Tag nach Weihnachten sollte der letzte von 222 Stempeln im Heft landen. Wolfgang saß neben mir im Auto und drängte zum Aufbruch: „Nun sind wir hier und nun sollten wir auch losgehen.“ Oft bin ich dankbar für seine pragmatische Art. Heute war diese Nüchternheit aber völlig fehl am Platze. An diesen langersehnten Tag würde ich mich immer erinnern. Da sollte alles perfekt sein. Regen passte da nicht ins Konzept. „Wir warten!“ Mein Bruder auf der Rückbank sagte gar nichts, außer: „Ein paar Nüsschen?“ Er hielt mir eine Dose unter die Nase. Wir knabberten still vor uns hin bis sich auf einmal der Nebel lichtete. Es hatte tatsächlich aufgehört zu regnen. Wir starteten. Unser Ziel war die Lageswarte, mit 571 Metern der höchste Gipfel des Nordwestharzes und der 222. Stempel in meinem Stempelheft.

Harztypisch zur Kaiserwürde auf der Lageswarte
Wir folgten dem geplanten Track und hatten immer wieder schöne Blicke auf die Innerstetalsperre. Bobby war übermütig. Wir ließen ihn von der Leine und er nutze seine Freiheit, um weit voraus zu laufen. Ich merkte an seinem Verhalten, dass in den umliegenden Wäldern eine Menge Wild unterwegs war. Immer wieder mussten Wolfgang und ich ihn korrigieren, wenn er zu intensiv in den Wald hineinroch oder sich vom Weg entfernen wollte. Mein Bruder Volker, der uns heute begleitete, hatte zum Glück Verständnis, dass ich unsere Unterhaltung immer wieder durch Nein, Hierher, Stopp und verschiedenartige Pfiffe in die Hundepfeiffe unterbrach. Es wurde uns dann doch zu gefährlich und Wolfgang nahm Bobby an die Leine. Auch hier wusste mein Bruder sich richtig zu verhalten: Schön hinter Bobby gehen, da er sonst noch mehr an der Leine zieht. Bobby möchte immer in der ersten Reihe gehen und vom Rudel darf sich keiner zu weit entfernen. Es ist nicht einfach, mit Bobby, Wolfgang und mir unterwegs zu sein. Heute war es besonders anstrengend. Bobby zog und schnüffelte und war kaum ansprechbar. Wie schon so oft drohte ich ihm: „Das nächste Mal lass ich dich zu Hause!“ Noch nie habe ich diese Drohung wahr werden lassen. Jede einzelne Stempelstelle hat er mit mir gemeinsam erwandert.



Der Nebel verdichtete sich, je höher wir kamen. Es lag sogar ein wenig Schnee. Immer wieder blitzte blauer Himmel durch die Wolken. Und jedes Mal rief ich: „Die Sonne kommt durch!“ Ich hatte das romantische Bild im Kopf, dass bei Erreichen unserer 222. Stempelstelle der Himmel aufreißt und sich ein fantastischer Blick über den gesamten Harz eröffnet – ein Moment für die Ewigkeit. Aber erst mal ging es weiter bergauf.

An der Abzweigung Lageswarte: 0,5 km verließen wir den dichten Wald. Sturmschäden oder der Borkenkäfer haben auf dieser Bergkuppe den Blick frei gemacht. Durch junge, Bäume, alte Baumstümpfe, verschiedene Heidegewächse und Beerensträucher sahen wir bis weit ins Harzvorland. Der Wind wurde eisiger hier oben. Nebelschwaden zogen vorbei. Ich mag diese Stimmung. Ich mag diese Landschaft. Ach, der Harz ist einfach wunderschön.


Kaiserparty auf der Lageswarte
Der Weg macht eine Biegung nach rechts und dann sehe ich ihn, den Stempelkasten. Bobby läuft direkt darauf zu. Er scheint mittlerweile unser bereits so häufig angesteuertes Ziel zu kennen. Und er weiß auch, was folgt: Posieren, Fotos machen, von allen Seiten, von der Aussicht und so weiter bevor es etwas zu essen gibt – wie immer. Mein Bruder Volker schaute sich das ganze Prozedere etwas verwundert und belustigt an.







Harztypisch: Der besondere Moment kommt immer ganz unerwartet.
Leicht durchgefroren, satt und zufrieden traten wir mit allen 222 Stempeln der Harzer Wandernadel im Heft den Rückweg an. Bobby schritt wie immer voraus, er ist halt unser Wanderkaiser. Es dämmerte bereits, als wir unten am Innerstestausee ankamen. Über einen schmalen Pfad gingen wir zum Ufer der Talsperre, die nach dem trockenen Jahrhundertsommer wieder einigermaßen gefüllt war. Nun rissen die Wolken auf. Aber die Sonne stand schon zu tief hinter den Bergen. Der Himmel verfärbte sich. Wir spazierten auf dem trockenen Grund der Talsperre. Im angetriebenen Totholz entdeckten wir sogar kleine Blüten, die im Schutze des Treibgutes dem Winter trotzen. Auch nach 222 Stempeln und unzähligen Wanderungen im Harz gibt es immer noch diese besonderen und einmaligen Momente. Und ganz typisch für den Harz kommen diese Momente meist überraschend und ganz unerwartet. Und genau dafür liebe ich den Harz. Dafür liebe ich das Wandern.
Kaiserkrönung am Blankenburger Schloss: Wanderkaiser Bobby I.
Der 222. Stempel der Harzer Wandernadel war nun ins Heft gedrückt. Zu allen Stempelstellen hat Bobby mich begleitet. Oft hat er mich genervt und wir waren uneins. Aber er hat mir stets gezeigt, um was es geht beim Wandern. Für ihn war immer der Weg das Ziel, so mühselig dieser auch oft für mich war. Bobby motivierte mich, weiterzugehen und auch mal inne zu halten und in die Natur zu schauen, zu hören und zu riechen. Ihm gebührt die Kaiserwürde.
Gleich am nächsten Tag fuhren wir in die Touristeninformation nach Blankenburg. Dort ist auch die Hauptgeschäftsstelle der Harzer Wandernadel untergebracht. Vor uns wurde gerade ein weiterer Wanderkaiser gekrönt. „Sie sind schon der 11. Wanderkaiser heute. Da geht alles ein wenig wie am Fließband,“ sagte die Frau hinter dem Tresen entschuldigend zu ihm. Das hörte sich nicht nach der feierlichen Würdigung an, die ich mir erhofft hatte. Dann kamen wir an die Reihe. Ich durfte mir aus der Kiste den letzten „Kaiserstein“ herausnehmen. Mehr Wanderkaiser als erwartet, waren heute schon da. Bobbys Charme wirkte entfesselns. Die Dame schien ihren Stress der letzten Stunden vergessen zu haben. Wir bastelten gemeinsam an der Urkunde und Bobby kam tatsächlich schwarz auf weiß und ganz offiziell zu seine Kaiserwürde. Wir lachten und plauderten. Sie erzählte von Stofftieren, die die Kaiserkrone erhalten sollten. Das würde aber dann doch zu weit führen.
Die erste Kaiserrunde ist abgeschlossen. Aber mit dem Harz bin ich noch nicht fertig. Neben einem neuen Stempelheft der Harzer Wandernadel erwarb ich gleich vor Ort alle Sonderhefte und Themenhefte vom Harzer Hexenstieg bis zum Klosterwanderweg. Ich weiß mittlerweile, was der Harz zu bieten hat – ganz bestimmt noch viele überraschende Glücksmomente. Auf geht’s Bobby, in die zweite Runde!

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Hurra, ich bin die erste Gratulantin! 😍🐕
Hab deinen wunderbaren Beitrag nur 6,5km von deiner alten Heimat entfernt soeben gelesen.
Tolle Leistung, klasse Bilder, schönster Labradoodle ever.
Alles Liebe von Natascha und Pippa.
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Danke, danke liebe Natascha! Habe gerade die tollen Fotos auf deinem Blog gesehen und musste besonders bei dem Foto von Pippa und der Skulptur schmunzeln. Da haben Bobby und Pippa (oder die Fotografinnen) etwas gemeinsam 😉 Liebe Grüße nach Penzberg!
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Allerdings, ich musste auch schmunzeln!!!
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Da bin ich soooo weit von entfernt.
Herzlichen GLückwunsch an euch alle und viel Spaß in der zweiten Runde.
Ein tolles Jahr 2019 wünsche ich euch
LG Elke
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Es ist auch sehr schwer, den Wanderkaiser zu schaffen, wenn man nicht in der Region wohnt. Aber es gibt ja keine zeitliche Begrenzung, von daher kann es ja auch ein Lebenswerk sein 😉 Dir liebe Elke auch ein glückliches neues Jahr! Liebe Grüße von Andrea
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Wow, herzlichen Glückwunsch! Hast du zufällig auch einen Schrittzähler, der deinen Lauferfolg dokumentiert?
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Danke Dir! Ich zeichne viele meiner Touren seit letztem Jahr auf Komoot auf. Gerade habe ich mal geschaut. Seitdem bin ich etwas über 1000 km gelaufen. Ist glaube ich nicht so viel… Aber das ist eine gute Idee für die nächste Kaiserrunde. Da werde ich mal versuchen, das genauer zu dokumentieren. Liebe Grüße von Andrea
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Doch, 1000 km sind viel! 👍
Teile das mal durch die Anzahl der Wochen.
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Glückwunsch auch von mir, einen guten Rutsch und viele schöne Wanderungen für 2019
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Vielen Dank! Ich wünsche dir auch ein gutes Jahr 2019 mit vielen schönen Fotomotiven 🙂
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WOE! DAS ist wirklich eine Lesitung. Ich gehe schon seit fast 5 Jahren stempeln und bin erst bei bei 100, also noch nicht mal der Hälfte. Der Südharz ist auch unser größtes „Problem“…mal schauen wann wir die Kaiserwürde erlangen. Gratulation an Bobby und seine Dosenöffner
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Vielen Dank auch im Namen von Bobby! Ja, der Südharz stellte uns auch vor Herausforderungen.Wir haben da in einer Art „Stempelmarathon“ in 5 Tagen Kurzurlaub alles Stempel eingesammelt. Aber es lohnt sich. Der Südharz ist richtig schön.
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WOW! Meine allerherzlichsten Glückwünsche!!!! Auch an Bobby logischerweise. Ich hoffe, er kann Silvester gut vertragen?! Und wünsche Euch einen guten Rutsch, Stefanie
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Vielen Dank, liebe Stefanie! Leider kann Bobby Silvester gar nicht gut vertragen. Aber nun ist es ja vorbei und das neue Jahr kann kommen. Dir auch alles Gute für 2019 und herzliche Grüße! Andrea
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Wow, alle Achtung! 😄 Trotz Nebelwetters sehen die Fotos total idyllisch aus. Dein Hund Bobby ist echt süß und bei den Erzählungen erinnert er mich sehr stark an meinen eigenen Hund 😂
Dieses Jahr möchte ich auch mal eine längere Wanderung im Harz machen und deine Seite wird mir bestimmt als Inspiration helfen!
Lg, die Nordwanderin
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Danke Dir! Ich habe mal bei dir reingeschaut – schöner Blog und da ich auch sehr gerne an die Ostsee fahre, sehr interessant für mich. Und tatsächlich habe ich auch den Eindruck, dass euer Hund vom Temperament unserem recht ähnlich ist 😉 Liebe Grüße von Andrea
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Wow, die Bilder sind echt toll und machen sofort Lust auf Wandern und auf den Harz. Wir werden bald auch wieder unseren Winterurlaub mit Hund dort verbringen und endlich anfangen, die Stempel zu sammeln – leider etwas spät, denn einige Harz-Wanderungen haben wir schon gemacht. Herzlichen Glückwunsch jedenfalls zur Urkunde! 🙂
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Danke liebe Christina für deinen netten Kommentar! Das Gute beim Stempelsammeln ist ja, dass es keine zeitliche Begrenzung gibt. Von daher ist es eigentlich nie zu spät 😉 Ich habe auch etliche Orte und Stempelstellen mehrfach aufgesucht, einfach weil es dort so schön ist oder auch weil mir wiederum ein anderer Stempel ganz in der Nähe gefehlt hat. Ich wünsche dir auf jeden Fall ganz viel Spaß im Harz! Liebe Grüße von Andrea
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Da hast du Recht. Ich bin gespannt ob und wann wir es dann auch schaffen und die Urkunde in der Hand halten können 😉 Viele Grüße, Christina
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Als Zwischenziel gibt es ja auch noch den Wanderkönig (50 Stempel) – hört sich doch auch schon toll an 😉
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Ach, das wusste ich zum Beispiel auch noch nicht. Dann ist das jetzt mein erklärtes erstes Ziel!
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